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Leerverkäufe: Bühne frei für Spekulanten

Die Bafin hebt das Verbot von Leerverkäufen auf.

Berlin - Spekulanten dürfen künftig wieder mit Leerverkäufen auf fallende Kurse deutscher Finanzkonzerne wetten. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hatte das spekulative Instrument im Zuge der Finanzkrise verboten, am Montag lief dieses Verbot aus. Die Lage auf den Finanzmärkten habe sich während der vergangenen Monate so weit verbessert, dass man auf eine weitere Verlängerung verzichten könne, teilte die Aufsichtsbehörde mit.

Dierk Hirschel, Chefökonom beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), kritisierte die Entscheidung der Bafin scharf: „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist das die falsche Botschaft“, sagt Hirschel. „Wenn man dieses hochspekulative Instrument wieder freigibt, goutiert man damit die Zockereien der Finanzindustrie.“

Bei Leerverkäufen wetten Investoren, zum Beispiel Hedgefonds oder die Investmentabteilungen von Banken, auf fallende Kurse. Das funktioniert so: Die Leerverkäufer leihen sich Aktien von anderen Anlegern und bezahlen dafür eine Gebühr. Dann verkaufen sie die geliehenen Aktien in der Hoffnung, dass der Kurs bald fällt. So können sie die Papiere günstiger wieder einkaufen und an den Verleiher zurückgeben. Die Differenz streichen sie als Gewinn ein. Leerverkäufe können den Abwärtstrend einer Aktie extrem beschleunigen. „Wenn Investoren an fallenden Kursen verdienen, tun sie alles, damit die Kurse sinken“, erklärt Ökonom Hirschel. Die Investoren könnten zum Beispiel eigene Aktien des Spekulationsobjektes verkaufen oder aber mithilfe ihrer Analysten negative Informationen in den Markt streuen.

Aus diesem Grund hatte die Bafin die Leerverkäufe von elf deutschen Aktien verboten, darunter die Deutsche Bank, die Commerzbank und die Allianz. Die Aufsicht wollte damit verhindern, dass Spekulanten die Institute in die Pleite treiben. Jetzt sei die Lage wieder stabil. Hirschel hält diese Ansicht für falsch: „Die Bafin argumentiert, die Kapitalmärkte hätten sich beruhigt. Das ist in keiner Weise der Fall.“ Die Banken hielten immer noch toxische Papiere im Wert von 300 Milliarden Euro. Auch an den Rohstoffmärkten entstünden neue Blasen. Der DGB-Ökonom kritisiert ganz grundsätzlich, dass Banken spekulative Instrumente wie Leerverkäufe nutzen dürfen. „Die Großbanken gehen wieder ins Kasino. Und wenn etwas schiefgeht, haftet der Steuerzahler“.

Ein Sprecher des Verbands der privaten Banken hingegen verteidigte das Instrument: „Leerverkäufe unterstützen die Preisbildung auf Märkten.“ Investoren würden in der Regel auf Papiere wetten, die sie für überbewertet hielten. Wenn diese Aktien dann fielen, könnten Leerverkäufe sogar die Entstehung von Blasen verhindern. Miriam Schröder

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