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Leitzins: "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben"

Obwohl die Europäische Zentralbank auf eine Zinserhöhung im September verzichtet hat, halten die Notenbanker weitere Anhebungen im Euro-Raum grundsätzlich für notwendig.

Ein "ungewöhnliches Marktumfeld" habe zu dem Verzicht auf eine Zinserhöhung im September geführt, sagte Bundesbank-Präsident Axel Weber auf einer Konferenz in Frankfurt. Weber ist Mitglied im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB). Der EZB-Rat hatte am Donnerstag den Leitzins für den Euro-Raum unverändert bei 4,0 Prozent gehalten und offen gelassen, wann und ob die Zinsen steigen werden. Wegen des robusten Aufschwungs und der Inflationsgefahren halten die meisten Notenbanker höhere Zinsen für angemessen.

Weitere Zinsentscheidungen sind nach Aussagen der Währungshüter aber von den Auswirkungen der Turbulenzen an den Finanzmärkten auf die Realwirtschaft abhängig. "Die Schwankungen an den Finanzmärkten und die Neueinschätzung von Risiken haben in den vergangenen Wochen zu einer erhöhten Unsicherheit geführt", sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet auf der Konferenz. Deswegen benötige die Notenbank zusätzliche Daten, bevor sie Schlüsse für die künftige Geldpolitik ziehen könne. Es gebe zahlreiche Risiken für die Preisstabilität im Euro-Raum.

"Kein Grund zur Beunruhigung"

"Stärkere Lohnsteigerungen sowie Preiserhöhungen für Lebensmittel und Energie stellen Aufwärtsrisiken für die Inflation dar", erklärte Weber. Die Notenbank hat die Aufgabe, die Preise stabil zu halten und sieht dieses Ziel bei einer Inflationsrate unter zwei Prozent gewahrt.

"Die derzeitigen Probleme an den Finanzmärkten beruhen vor allem auf einem Liquiditätsproblem", sagte Weber. Dies sei kein Grund zur Beunruhigung. "Wir sind weiterhin bereit, zusätzliche Liquidität zur Verfügung zu stellen, falls dies nötig sein sollte", sagte Weber. Am Vortag hatte die EZB zum fünften Mal seit Anfang August dem Geldmarkt - also dem Handel zwischen den Banken - Milliarden frisches Geld zur Verfügung gestellt. Die Banken leihen sich gegenwärtig als Folge der US-Hypothekenkrise aus Misstrauen gegenseitig nicht mehr wie üblich Geld. Die Probleme sind nach Worten des Bundesbank-Präsidenten bisher aber auf den Finanzsektor beschränkt.

Weber: Aufschwung ist robust

Das Wirtschaftswachstum in Deutschland ist nach Einschätzung Webers robust und verbreitert sich. "Nach dem Auslaufen der Auswirkungen der Mehrwertsteuererhöhung wird der Konsum mehr und mehr an Kraft gewinnen", erwartet der Bundesbank-Präsident. Der Aufschwung werde so weniger exportlastig. Der Höhepunkt des Konjunkturaufschwungs ist laut Weber noch nicht überschritten.

Axel Weber stellte die Verwendung sogenannter Schlüsselworte bei der EZB-Kommunikation in Frage. "Die Verwendung von solchen Codewörtern sorgt für unterschiedliche Begeisterung", sagte Weber. Die Europäische Zentralbank hatte zuletzt die Formulierung "hohe Wachsamkeit" benutzt, um eine baldige Zinserhöhung zu signalisieren. (mit dpa)

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