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Steinbrück

© ddp

Neuverschuldung: Konjunkturflaute bedroht Haushalt 2008

Unerwartet hohe Wechselkurse und die US-Immobilienkrise veranlassen das Wirtschaftsministerium zu einer pessimistischeren Wachstumsprognose. Peer Steinbrück will trotzdem gelassen bleiben.

Das Bundeswirtschaftministerium geht für 2008 von einem schwächeren Wachstum aus als bis jetzt erwartet. „Die veränderte weltwirtschaftliche Situation macht nach heutigem Stand eine leichte Korrektur der Wachstumserwartung nach unten notwendig“, erfuhr das „Handelsblatt“ aus dem Ministerium. Nach derzeitiger Schätzung soll die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr um 2,4 Prozent wachsen. Im Wirtschaftsministerium hält man eine Korrektur um „einige Zehntel Prozentpunkte“ für nötig. Die neue Wachstumsprognose für 2008 könnte bei rund zwei Prozent liegen.

Hintergrund für die pessimistischere Einschätzung der Bundesregierung sind vor allem die bisher kaum abschätzbaren Folgen der US-Immobilienkrise sowie der unerwartet hohe Wechselkurs des Euro zum Dollar. Auf eine neue Wachstumsprognose festlegen wird sich die Regierung aber erst nach der Veröffentlichung der Gemeinschaftsprognose der Wirtschaftsforschungsinstitute Ende Oktober.

„Der Bundeshaushalt ist immer noch nicht konjunkturfest“

Vor dem Hintergrund der absehbaren Abschwächung warnen die Haushaltsexperten von Regierung und Opposition vor zusätzlichen Ausgaben für 2008, um den Konsolidierungskurs nicht zu gefährden. „Wegen der zu optimistisch geschätzten Entwicklung der Steuereinnahmen drohen für den Haushalt 2008 Milliardenrisiken“, sagte Carsten Schneider, haushaltspolitischer Sprecher der SPD, dem „Handelsblatt“. Ziel der anstehenden Haushaltsverhandlungen im November müsse deshalb sein, einen weiteren Anstieg der Bundesausgaben zu vermeiden. „Jede neue Ausgabe muss durch Kürzungen an anderer Stelle im Haushalt gegenfinanziert werden“, mahnt Schneider.

Auch der Haushaltsexperte der Union, Steffen Kampeter, fordert angesichts der schwächeren konjunkturellen Entwicklung „eine realistische Haushaltsplanung“ für das nächste Jahr. „Der Bundeshaushalt ist immer noch nicht konjunkturfest“, sagte Kampeter. Es müsse deshalb verhindert werden, dass das schwächere Wirtschaftswachstum die Konsolidierungsziele der Großen Koalition gefährde.

Die Bundesregierung debattiert seit Monaten über die Aufstockungen von Leistungen vor allem im sozialen Bereich. Außerdem wird die Unternehmenssteuerreform die öffentlichen Haushalte belasten.

Spätestens ab 2011 ohne neue Schulden

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) bleibt trotz der schlechteren Konjunkturaussichten gelassen. „Die Haushaltsplanung ist hinreichend vorsichtig erfolgt“, heißt es im Finanzministerium. Derzeit bestehe überhaupt kein Anlass zur Sorge.

Für das laufende Jahr rechnet der Finanzminister wegen der derzeit noch guten Konjunktur mit einer gesamtstaatlichen Neuverschuldungsquote von nur noch 0,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Diesen Wert hatte Steinbrück am Freitag an die EU-Kommission gemeldet. Der Bund soll spätestens im Jahr 2011 ohne neue Schulden auskommen. Für das nächste Jahr plant Steinbrück bisher mit einer Nettokreditaufnahme von 12,9 Milliarden Euro. 2007 könnte die Neuverschuldung ebenfalls bei rund 13 Milliarden Euro liegen. Grund für die gute Entwicklung ist das zu erwartende Steuerplus von gut zehn Milliarden Euro.

Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag, Otto Fricke (FDP), warnte jedoch davor, die Ergebnisse der Steuerschätzung im November zum Anlass für weitere Ausgabenerhöhungen zu nehmen. „Die Große Koalition muss jetzt beweisen, dass sie vorausschauend handeln kann, und jede Ausgabenerhöhung verbieten“, sagte Fricke dem „Handelsblatt“. Der FDP-Haushaltsexperte schlägt vor, dass der Finanzminister einen Risikofonds für das nächste Jahr bildet.

Sven Afhüppe (HB)

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