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Finanzen: Sarkozy macht Ernst

Frankreichs Präsident kündigt trotz EU-Kritik nationalen Staatsfonds an

Paris - Völlig unberührt von der deutschen Kritik an seinem Vorschlag, notfalls mit Teilverstaatlichungen die europäischen Schlüsselindustrien zu „retten“, geht der französische Präsident Nicolas Sarkozy nun in die Offensive. Paris werde bis Jahresende einen „öffentlichen Interventionsfonds“ schaffen, der „massiv“ zu Gunsten „strategisch wichtiger Unternehmen“ eingreifen könne, sagte Nicolas Sarkozy am Donnerstag im ostfranzösischen Annecy.

Die Bundesregierung lehnte ein ähnliches Vorgehen hierzulande umgehend ab und stellte die Frage nach der Vereinbarkeit mit EU-Recht. Auch Sarkozys Plan für eine „Wirtschaftsregierung“ Europas lehnt Berlin weiter ab.

Sarkozy will mit dem französischen Fonds verhindern, dass Staatsfonds aus anderen Weltgegenden wie China, Russland oder den Golfstaaten die Kursverluste bei den Aktien europäischer Industriekonzerne nutzen, um diese zu übernehmen. Der Staatsfonds werde „jedes mal massiv eingreifen, wenn ein strategisch wichtiges Unternehmen Eigenkapital braucht“, sagte Sarkozy in einer Rede vor Unternehmern. Im Gegenzug würde der Staat dann vorübergehend Anteile an den Firmen übernehmen.

Im Unterschied zu Sarkozy sagt Premierminister François Fillon voraus, dass diese Wirtschaftsförderung das staatliche Haushaltsdefizit vergrößern werde. Nach Angaben des Präsidentenberaters Henri Guaino sind die Maastricht-Kriterien keine Priorität mehr. Für seinen Boss Sarkozy gehören sie offenbar ohnehin zum Instrumentarium des vorigen Jahrhunderts.

Laut der Zeitung „Le Figaro“ arbeitet Paris seit Wochen an der Umsetzung des Plans zur Gründung eines Staatsfonds. Eine Möglichkeit sei eine „Annäherung“ der öffentlichen Investitionsbank Caisse de dépôts und der staatlichen Beteiligungsagentur. „Das würde einen Investitionsfonds mit fast 200 Milliarden schaffen, der zu echten Staatsfonds aus dem Ausland in Konkurrenz treten könnte.“ Er wolle weiter „ganz Europa“ von seiner „Interventionsstrategie“ überzeugen, sagte Sarkozy, der noch bis Jahresende EU-Ratsvorsitzender ist. Europa könne nicht die einzige Weltgegend bleiben, die ihre Unternehmen nicht schütze. Die Finanzkrise ermögliche in der Wirtschafts- und Industriepolitik „die Rückkehr der Politik im wahren Sinne des Wortes“.

Die Bundesregierung hatte Sarkozys Vorschlag, europaweit Staatsfonds zu gründen, schon nach der Rede des Präsidenten vor dem Europaparlament am Dienstag abgelehnt. Deutsche Unternehmen seien trotz gesunkener Aktienkurse „in einer robusten Verfassung und international wettbewerbsfähig“, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Nach der Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes, die ein Veto gegen den Einstieg ausländischer Staatsfonds bei bestimmten Firmen vorsieht, halte die Regierung „weitergehende Schutzmaßnahmen“ nicht für erforderlich. Zudem müsse bei solchen Plänen die Vereinbarkeit mit EU-Binnenmarktregeln beachtet werden.

Sarkozy ist für seine Politik zum Schutz der französischen Industriekonzerne bekannt. Als Wirtschafts- und Finanzminister hatte er schon 2004 mit staatlichen Milliardenhilfen verhindert, dass Siemens wichtige Teile des Industriekonzerns Alstom übernimmt. Dies hatte zu schweren Spannungen zwischen Paris und Berlin geführt. mit AFP

Rudolf Balmer

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