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Finanzen: Starker Euro – gute Geschäfte

Wie Verbraucher, Anleger und Spekulanten von der Aufwertung der Währung profitieren

Wer in diesen Tagen mit Euro-Scheinen in der Tasche in die USA reist, kann frohlocken: Nur noch 0,70 Cent kostet ein Dollar aktuell. Vor fünf Jahren mussten Urlauber noch knapp 1,20 Euro hinblättern – 40 Prozent mehr. Bis auf einen Rekordwert von 1,4278 Dollar ist der Euro am 2. Oktober gestiegen. Allein auf Jahressicht büßte die US-Währung gut zwölf Prozent ihres Wertes ein.

Die deutsche Exportwirtschaft beklagt den starken Euro, erhält sie doch für ihre Produkte beim Verkauf im Dollarraum eine Währung, die in der heimischen Euro-Bilanz ungünstig umgerechnet werden muss. Auch Aktienkäufer oder Renten-Anleger klagen, schließlich müssen sie Kursgewinne in Dollar um jenen Prozentsatz mindern, um den der Euro seit dem Wertpapierkauf aufgewertet hat. USA-Shoppern und Urlaubern dagegen macht der aktuelle Kurs (1,4178) Freude.

GÜNSTIGER EINKAUFEN

Vor allem Designerware, Sportartikel und hochwertige Elektronik lassen sich jenseits des Atlantiks erheblich günstiger kaufen. Einige Beispiele: Ein Businesshemd von Tommy Hilfiger kostet in Deutschland derzeit exakt 100 Euro, in den USA jedoch 98 Dollar – also 69 Euro. Der Jeansklassiker Levi’s 501 ist in den USA für knapp 50 Dollar zu haben, also für etwa 35 Euro und damit zum halben hiesigen Preis. Ähnliche Preisgefälle findet man auch bei Ralph Lauren, Gap, Timberland, Osh Kosh oder Abercrombie & Fitch. Der neue iPod touch kostet in den USA 299 Dollar, hierzulande 299 Euro, also rund 40 Prozent mehr. Selbst die Garantie ist kein Problem, denn Apple gewährt sie weltweit. Auch Laptops sind meist 30 bis 40 Prozent billiger, hat die Stiftung Warentest recherchiert. Bei Handys ist vorab zu klären, ob sie deutsche SIM-Karten akzeptieren.

Selbst wer nicht in die USA reisen möchte, kann über eine Internetbestellung vom teuren Euro profitieren. Doch Vorsicht: Nicht alle US-Versender liefern nach Deutschland. In jedem Fall gilt: Geschenksendungen von privat zu privat sind bis zu einem Wert von 45 Euro steuer- und zollfrei. Während Reisende pro Person Waren bis zu einem Wert von 175 Euro kostenlos als Mitbringsel in die EU einführen dürfen, gelten für den Postversand 22 Euro. Liegt der Wert darüber, ist eine Einfuhr-Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent vom Warenwert in Euro zu zahlen. Ferner werden Zölle erhoben: Bei Kameras fallen 4,2 Prozent an, bei MP3-Playern bis zu 14 Prozent, bei Kleidung zwölf Prozent, Handys, Computer oder Notebooks sind zollfrei.

UNGÜNSTIGE US-AKTIEN

Weniger positiv beurteilen Anleger die Euro-Hausse. Denn trotz der Rallye an den Aktienmärkten stehen in den heimischen Depots vor US-Aktien nur kleine Pluszeichen. Ein Beispiel: Ein Anleger, der vor Jahresfrist ein am S & P 500 (dem Index der 500 größten, börsennotierten US-Aktien) orientiertes Depot angelegt hat, müsste eigentlich rund 15 Prozent im Plus liegen. Würde er nun verkaufen, so schrumpfte der Gewinn dank der Dollar-Baisse auf kärgliche drei Prozent.

Hans-Jürgen Delp, Chefstratege der Commerzbank für Privatanleger, hält daher den Zeitpunkt aktuell für ungünstig, um US-Aktien zu verkaufen. Der Dollar sei „mittelfristig unterbewertet“. Delp rechnet – nach vielleicht „zwei, drei weiteren schwachen Monaten“ – mit einer Gegenbewegung, die die US-Währung 2008 „bis auf 1,32 bis 1,34 Dollar je Euro zurechtrücken“ werde.

Seine Begründung: Erstens sei nicht mit einer Rezession in den USA zu rechnen. Zweitens werde die Europäische Zentralbank 2008 mit Zinssenkungen beginnen, somit die Attraktivität des Euro reduzieren. Und drittens seien Wahljahre gute Jahre für den Dollar. Wer von der aktuellen Dollarschwäche profitieren wolle, erhalte US-Aktien aktuell zu einem günstigen Preis, vermutet auch Commerzbank- Volkswirt Michael Schubert. Denn tritt die Prognose ein, würde durch die leichte Euro-Abschwächung zu einem Kursgewinn ein kleiner Währungsgewinn hinzukommen. Reizvoll wären dabei vor allem international arbeitende US-Konzerne mit hohen Umsätzen im Euro-Raum wie McDonald’s oder Coca-Cola.

DÜSTERE DOLLAR-PROGNOSEN

Langfristig jedoch, da sind sich fast alle Experten einig, wird der Dollar eher schwach bleiben. Kurse bis 1,50 Dollar je Euro etwa sehen die Volkswirte der Deutschen Bank und der französischen Großbank BNP Paribas mittelfristig. Andere wagen sogar langfristig griffige Formeln wie „1 Euro = 2 Dollar“. Jim Rogers, Rohstoffexperte und Fondsprofi, glaubt gar, dass der Dollar 80 Prozent seines Wertes einbüßen wird – vor allem, weil Länder wie Saudi-Arabien oder China in Zukunft die Dollar-Bindung ihrer Währungen aufgeben und massiv Euro kaufen würden. Der Dollar werde den Status als Weltwährungsreserve verlieren, glaubt Rogers.

Wer sehr langfristig in Dollar-Papieren investieren möchte, sollte also Währungssicherungen überlegen. Ein Weg sind beispielsweise sogenannte, währungsgesicherte Quanto-Zertifikate. Selbst Fonds auf Dollarbasis empfehlen sich für Dollar-Skeptiker nur mit Währungssicherung.

ZWIESPÄLTIGE EUROPA-AKTIEN

Auch europäische Aktien sind – je nach Blickwinkel – von der Währungsrelation betroffen. Negativ gestimmt sind etwa Unternehmen, die mit US-Konkurrenten in Europa um Aufträge feilschen müssen (etwa die Maschinenbauer Heidelberger Druck oder Koenig & Bauer) oder Exporteure, die gegen Dollar verkaufen (etwa EADS oder VW). Positiv gestimmt sind dagegen Firmen, die Werke in den USA haben (etwa BASF) oder die gegen Euro dort weiterverkaufen (wie Adidas) sowie Unternehmen, die sich gegen Währungsschwankungen umfassend absichern (wie Porsche). Oder Konzerne, die von den günstigen Einkaufspreisen für – in Dollar gehandelte – Rohstoffe profitieren.

Auch der Privatkunde, der Dollar- Schulden hat, darf sich beim Euro bedanken: Wertet der Dollar weiter ab, sinkt die Euro-Schuld. Wer zum Zeitpunkt der Parität (1 Dollar = 1 Euro) in der zweiten Jahreshälfte 2003 einen Kredit von 50 000 Dollar aufgenommen hat, müsste heute nur rund 30 000 Euro zurückzahlen.

DIREKTE SPEKULATION

Am einfachsten lässt sich jedoch ganz direkt aus der Währungsrelation Kapital schlagen. Spekulativ orientierte Anleger können beispielsweise einen sogenannten Turbo-Optionsschein auf einen steigenden Euro (Call) oder auf einen steigenden Dollar (Put) kaufen. Ein Papier, das auf weitere Eurostärke setzt, dabei einen Basispreis von 1,28 Dollar/Euro hat, kostet aktuell rund zehn Euro und bewegt sich etwa mit zehnfachem Hebel, das heißt zehn mal schneller als die Währungen selbst, kann aber dafür bei Unterschreiten einer bestimmten Schwelle auch wertlos verfallen. Konservativere Anleger könnten mit einem reinen Währungsfonds oder Garantie-Zertifikaten auf das Währungspaar Dollar/Euro besser bedient sein.

Veronika Csizi

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