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Armut Reichtum

© dpa

Studie: Deutsche horten 6,6 Billionen Euro

Die Deutschen haben ein riesiges Privatvermögen, doch das ist dem DIW zufolge immer ungleicher verteilt. Jeder Vierte hat nichts gespart oder ist sogar verschuldet. Und: Der Osten fällt weiter zurück.

Berlin - Die Schere zwischen Arm und Reich wird größer – und gerade den Ostdeutschen droht Altersarmut. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Abzüglich von Schulden vereinen die Deutschen 6,6 Billionen Euro Privatvermögen. Im Schnitt hätte jeder Erwachsene 88 000 Euro – immerhin fast 9000 mehr als 2002.

Doch vom privaten Gesamtvermögen besitzt das reichste Prozent der Bevölkerung fast ein Viertel, das reichste Zehntel sogar 61 Prozent. 2002 waren es der Studie zufolge noch weniger als 58 Prozent. Über mindestens 222 000 Euro verfügt jedes Individuum in dieser Bevölkerungsschicht. Gezählt wurden Geld, Immobilien und Sachmittel – ohne Auto, Hausrat und gesetzliche Rentenansprüche.

Im Gegensatz zum steigenden Durchschnittsvermögen liegt der sogenannte Median des Nettovermögens, der die Bevölkerung halbiert, weiterhin bei etwa 15 000 Euro – jeder zweite Deutsche hat also weniger als diese Summe. 27 Prozent verfügten über gar kein Vermögen oder waren sogar verschuldet.

Eine Umkehr des Trends erwarten die Forscher nicht. „Die Erbschaftsteuerreform wird zu einer weiteren Vermögenskonzentration führen“, sagte DIW-Forscher Markus Grabka am Mittwoch in Berlin. Das gefährde die Chancengleichheit, denn neben Zugang zu höherer Bildung zementiere vor allem die Höhe von Erbschaften den sozialen Status. Die Reform müsse deshalb überarbeitet werden.

Doch nicht nur die Schere zwischen Arm und Reich, sondern auch Ost- und Westdeutschland hat sich dem DIW zufolge vergrößert: Während im Westen die Vermögen zwischen 2002 und 2007 im Schnitt von 91 000 auf 101 000 Euro gestiegen seien, ist der Mittelwert im Osten von 34 000 auf 31 000 Euro gesunken. DIW und Hans-Böckler-Stiftung wiesen am Mittwoch auch darauf hin, dass Arbeit und Vermögen zusammenhängen: „Zwei Drittel der Geringverdiener haben auch keine finanziellen Reserven.“

Andere Institute warnen derweil vor Panikmache: Einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln zufolge wird in Deutschland massiv von oben nach unten umverteilt, die Besserverdienenden finanzierten den Sozialstaat. Nach Berechnungen des arbeitgebernahen Instituts erhalten die 30 Prozent der Bundesbürger mit dem niedrigsten am Markt erwirtschafteten Einkommen im Schnitt monatlich 900 Euro mehr vom Staat, als sie an Steuern oder Abgaben zahlen. Die oberen zehn Prozent der Einkommensbezieher müssten hingegen rund 2300 Euro an die öffentlichen Kassen einzahlen. Gäbe es keine Transferzahlungen, würde ein Drittel der Deutschen in relativer Armut leben. Die Umverteilung führe aber dazu, dass nur etwa elf Prozent der Bundesbürger als arm einzustufen seien, heißt es. Als arm gilt demnach, wer über weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens verfügt.

Nur unwesentlich mehr Deutsche – 13 Prozent – bezeichnet die Böckler-Stiftung als arm. Dem DIW zufolge ist besonders der Verlust von Vermögen der mittleren Altersgruppen in Ostdeutschland besorgniserregend. „Wenn die Politik nicht gegensteuert, wird Altersarmut dort in Zukunft deutlich zunehmen“, sagte Grabka. Wegen der höheren Arbeitslosigkeit im Osten seien dort mehr Menschen im Zuge der Hartz-Reformen gezwungen worden, ihr Vermögen aufzuzehren, bevor sie staatliche Hilfe bekommen hätten. Außerdem verloren viele Immobilien in ostdeutschen Regionen an Wert. Die meisten davon werden von den Eigentümern selbst genutzt.

Selbst genutzte Immobilien sind die wichtigste Anlageform der Deutschen – rund 60 Prozent des gesamten Privatvermögens ist Wohneigentum. Am weitesten verbreitet sind aber Versicherungen und gespartes Geld. Dies, so vermuten Experten, diene vor allem der Bildung von Rücklagen fürs Alter.

Die auf Basis des sozio-oekonomischen Panels erstellte DIW-Studie ist die umfassendste Untersuchung der privaten Vermögensverhältnisse: Jedes Jahr werden mehr als 20 000 Deutsche in rund 11 000 Haushalten befragt.

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