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US-Finanzwirtschaft: Stress-Test treibt keine Bank in die Pleite

US-Finanzminister Timothy Geithner gibt sich zuversichtlich: Keines der überprüften Geldhäuser müsse schließen, jedes könne sich genügend privates Kapital beschaffen.

Die Finanzbranche wartet an diesem Abend gebannt auf den Börsenschluss, gleich danach (23 Uhr MESZ) will die US-Regierung die mit Spannung erwarteten Ergebnisse der Belastungsprüfung der 19 führenden amerikanischen Banken vorlegen. Nach Aussage von Finanzminister Geithner droht dabei keinem der Geldinstitute die Pleite. Zudem werde sich die große Mehrheit dieser Banken in den kommenden sechs Monaten genügend privates Kapital beschaffen können.

Drei Monate lang hatten rund 100 Beamte der Regierung und der Notenbank Fed die Banken unter die Lupe genommen. Dabei prüften sie zum einen, wie die Bilanz einer Bank aussähe, falls sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nochmals verschlechterten, und zum anderen, wie hoch ihr Kapitalbedarf wäre, die die Bank dann zum Überleben braucht. Sollte die Regierung in dem Test festgestellt haben, dass eine Bank nicht genügend Polster hat, um ihre "zentrale Rolle in der Volkswirtschaft zu erfüllen" – also Geld an Verbraucher und Firmen zu verleihen –, hat sie ein halbes Jahr Zeit, Geld aufzutreiben. Dies soll laut Medienberichten bei zehn Banken der Fall sein.

Banken brauchen 75 Milliarden US-Dollar

Der Citigroup zufolge benötigt die Branche insgesamt rund 75 Milliarden Dollar frisches Geld, um gegen einen möglichen weiteren Wirtschaftsabschwung gewappnet zu sein. Den höchsten Kapitalbedarf gibt es dabei für die Bank of America, die Kreisen zufolge 34 Milliarden Dollar benötigt – dreimal mehr als die Experten dort erwartet hatten. Die viertgrößte Bank Wells Fargo benötige 15 Milliarden Dollar, berichtete Bloomberg unter Berufung auf Finanzkreise. Aufatmen könnten dagegen J.P. Morgan, die Investmentbanken Morgan Stanley und Goldman Sachs sowie der Kreditkartenkonzern American Express: Sie bräuchten kein frisches Geld.

Viele der Banken wollen am Freitag über die Ergebnisse des Belastungstests erläutern und eventuell auch mitteilen, wie sie den Forderungen nachkommen wollen. Auf besonderes Interesse dürfte dabei die Situation der Bank of America stoßen. Sie wird bereits von der Regierung mit rund 45 Milliarden Dollar gestützt, unter anderem um die gigantischen Verluste bei der übernommenen Investmentbank Merrill Lynch aufzufangen.

Laut Wall Street Journal ist das Institut wohl auch in Zukunft allein auf den Staat angewiesen. So könnte die Bank Probleme haben, den voraussichtlichen Kapitalbedarf durch Verkäufe von Vermögenswerten oder Aktienausgaben zu finanzieren. Als Weg bliebe, vom Staat erworbene Vorzugs- in Stammaktien umzuwandeln, um die Kapitalbasis zu stärken. Dadurch würde allerdings die Regierung in Washington zu einem der größten Anteilseigner der Bank.

Andere Banken allerdings werden nach Expertenmeinung keine größeren Probleme haben, sich das benötigte Geld durch rein private Kapitalerhöhung verschaffen zu können. Da sich die Kurse von Bank-Aktien in den vergangenen beiden Monaten zum Teil verfünffacht haben, ist die Ausgabe neuer Papiere nah am aktuellen Kurs wieder attraktiver geworden – eine Möglichkeit, die noch Anfang März illusorisch schien. Dieser Aufwärtstrend für Finanz-Aktien setzte sich an den Börsen auch am Mittwoch weiter fort. Für manche Analysten ist dies keine Überraschung: Die Aktienmärkte seien froh über die Sicherheit, die mit der Nennung genauer Zahlen für das Worst-Case-Szenario verbunden sind. (kg/dpa/Reuters)

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