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US-Konjunktur: Steuererleichterungen bringen nichts

Die US-Wirtschaft befindet sich weiter auf Rezessionskurs. Wirtschaftsexperten bezweifeln, dass die 145 Milliarden Dollar Soforthilfe, die George W. Bush durch Steuervergünstigungen bereitgestellt hat, die angeschlagene Konjunktur wieder in Schwung bringen werden.

Das Urteil der Aktienmärkte über das milliardenschwere Konjunkturpaket von US-Präsident George W. Bush hätte eindeutiger nicht ausfallen können: Statt eine Wende zum Besseren einzuleiten, setzten die Börsen am Freitag ihre tagelange Talfahrt schonungslos fort. Und auch zahlreiche Experten und Kommentatoren in den USA halten kaum hinterm Berg, was sie von den Steuererleichterungen und -rückzahlen in einer Größenordnung von um die 145 Milliarden Dollar (100 Milliarden Euro) halten - nämlich ziemlich wenig.

"Lollis" für den Aufschwung

"Wir haben Steuererstattungen schon früher ausprobiert. Sie wirken nicht", befindet kurz das "Wall Street Journal". "Nennen wir es Lollipop-Ökonomie", lästerte der Ökonom und Kolumnist Robert Samuelson in der "Washington Post". "Wir stecken in einem Wahljahr. Die Wähler haben Angst vor einer schwächeren Wirtschaft. Also gibt man ihnen Lollipops, damit sie sich besser fühlen. Damit sie wissen, man kümmert sich."

Derweil fragen sich Fachleute, was eigentlich passiert ist, dass viele die durch Immobilien- und Kreditkrise zweifellos angeschlagene US-Wirtschaft plötzlich am Rand der Rezessionsabgrundes sehen. Samuelson macht einen "Hauch von Hysterie" aus, der "ungerechtfertigt ist, angesichts dessen, was tatsächlich mit der Wirtschaft los ist". Angesichts des öffentlichen Wirbels um das Konjunkturpaket der US- Regierung ging am Donnerstag beinahe die Einschätzung von US- Notenbankchef Ben Bernanke unter, wonach er zumindest vorerst keine Rezession für die größte Volkswirtschaft der Welt am Horizont sieht.

Ökonomen bleiben optimistisch

Nach der gängigsten Definition ist es erst soweit, wenn die US-Wirtschaft zwei Quartale nacheinander schrumpft. Das steht jedoch noch aus. In ihren Jahresausblicken waren sich die meisten Volkswirte einig, dass die USA in der ersten Jahreshälfte heftig durchgeschüttelt wird, letzten Endes aber eine Rezession vermieden werden kann und die Konjunktur noch einmal die Kurve kriegt - auch dank des Aufschwungs in den Schwellenländern. Zwar ist die Arbeitslosenquote inzwischen auf 5 Prozent nach oben geschnellt, doch liegt der Durchschnitt des vergangenen halben Jahrhunderts bei 5,6 Prozent.

"Ein Rückschlag, aber keine Katastrophe", befindet Samuelson. Überhaupt sei der Einbruch am Immobilienmarkt nur der viertschlimmste seit dem Zweiten Weltkrieg. Auch drücken neben dem Verfall der Immobilienpreise die hohen Kosten für Benzin den US-Bürgern aufs Konjunkturgemüt. Zugleich aber scheint die Inflation einigermaßen im Griff und die US-Exporte boomen durch den schwachen Dollar. Und die US-Banken, die derzeit Milliarden abschreiben müssen, haben dank des Aufschwungs seit 2003 eine Reihe von äußerst fetten Jahren hinter sich. Fachleute sind sich sicher, dass das Konjunkturprogramm schlicht verpuffen wird, weil das Geld schließlich von irgendwoher kommen muss.

Riesiges Haushaltsloch

"Die Bundesregierung wird es entweder durch Steuern oder neue Kredite finanzieren, wodurch andernorts weniger für Ausgaben oder Investitionen zur Verfügung steht", rechnet kühl das "Wall Street Journal". "Wir sollen also glauben, dass es stimulierend ist, Geld aus der einen Tasche zu nehmen, um es in die andere zu stecken." Und große Sprünge kann die Regierung in Washington nicht unternehmen angesichts des gewaltigen US-Haushaltsdefizits. Im Rennen um das Weiße Haus ist das Konjunkturpaket für die Bewerber der Demokraten derweil ein gefundenes Wahlkampf-Fressen: Die Maßnahmen gingen an 50 Millionen Amerikanern vorbei, die so wenig verdienen, dass sie keine Einkommenssteuer zahlen. Bushs Plan "ergibt keinen Sinn", wettere Hillary Clinton. Und John Edwards fürchtet gar, das Programm "macht alles nur noch schlimmer". (iba/dpa)

Frank Brandmaier[dpa]

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