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Wichtige Fragen und Antworten: Datenklau bei Kreditkarten: Was jetzt?

Viele deutsche Banken ziehen wegen eines mutmaßlichen Datenklaus Kreditkarten ihrer Kunden ein. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.

Es ist die bisher größte Rückrufaktion von Kreditkarten in Deutschland. Der Austausch von Karten der Marken Visa und Mastercard betrifft nach Angaben des Zentralen Kredikartenausschusses (ZKA) Kunden sämtlicher Institute. „Alle Banken sind betroffen“, sagte ZKA-Sprecher Steffen Steudel. Derzeit werden daher weit mehr als 100 000 Kunden angeschrieben, um deren Karten auszutauschen. Dabei handelt es sich um Personen, die diese in den vergangenen Monaten in Spanien benutzt haben. Allerdings sind offenbar auch in anderen europäischen Ländern ausgegebene Kreditkarten betroffen – etwa in Österreich, der Schweiz und Großbritannien –, wenn auch in geringerem Maße.

Was ist genau passiert?

Bei einem spanischen Dienstleister für Kartenabrechnungen, einem sogenannten Kartenprozessor, sind Daten abhanden gekommen. Dieser Zahlungsabwickler rechnet auch Einkäufe deutscher Urlauber ab, die mit Visa- oder Mastercard-Karten bezahlt haben.

Er veranlasst, dass Einzelhändler ihr Geld bekommen oder bei Automaten-Abhebungen das Konto des Karteninhabers belastet wird. Mit den geraubten Daten könnten Betrüger auf Einkaufstour gehen – wenn die Karten nicht gesperrt und ausgetauscht werden.

Um welches Unternehmen es sich dabei handelt, wie die Daten abhanden kommen konnten und was damit geschehen ist, ist allerdings noch unklar. Eine Visa-Sprecherin verwies auf die laufenden Ermittlungen der spanischen Polizei, weswegen man sich derzeit nicht äußern könne. Vermutet wird entweder ein Hackerangriff von außen oder ein Datenmissbrauch durch Mitarbeiter des spanischen Unternehmens. Bei dem Kartentausch handelt es sich nach ZKA-Angaben um eine reine Vorsichtsmaßnahme. Allerdings verwies die Postbank darauf, dass auch Unregelmäßigkeiten festgestellt worden sind. Es habe Kundenbeschwerden über Fehlbeträge gegeben und auch die Bank selbst habe solche Unregelmäßigkeiten entdeckt, hieß es bei der Postbank. Die Landesbank Berlin, der größte Emittent von Kreditkarten in Deutschland, hat ebenfalls bereits Unregelmäßigkeiten registriert. „Das waren aber absolute Einzelfälle“, heißt es bei der Landesbank Berlin. Visa und Mastercard hatten vor mehreren Wochen potenziell verdächtige Kartendaten an mehrere deutsche Banken und andere Unternehmen übermittelt. Diese schreiben nun derzeit ihre betroffenen Kunden an, damit sich diese eine neue Karte in einer Filiale abholen können beziehungsweise um sie zu informieren, dass sie eine neue zugeschickt bekommen. Bis dahin sollen die meisten Karten gültig bleiben.

Wer ist betroffen?

Allein die Volks- und Raiffeisenbanken zogen nach eigenen Angaben rund 60 000 ihrer etwa 2,4 ausgegebenen Millionen Kreditkarten aus dem Verkehr. Die Sparkassen, die ebenfalls rund ein Drittel des deutschen Privatkundenmarktes kontrollieren, konnten keine genauen Zahlen nennen. Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Heinrich Haasis, sagte dem Tagesspiegel: „Die Sparkassen tauschen die Karten um“. Allerdings entschieden die einzelnen Institute selbst, welche umgetauscht werden. Es gebe keinen flächendeckenden Austausch. Der Umtausch sei eine reine Vorsichtsmaßnahme, sagte Haasis. „Bis jetzt haben wir keinen Schadensfall.“

Bei der Commerzbank und der Deutschen Bank hieß es, mehr Karten als üblich seien ausgewechselt worden. Die Hypo-Vereinsbank erklärte, bis zu 300 Karten seien bereits im September aus dem Verkehr gezogen worden, weitere 3000 sollen noch folgen. Die Karstadt-Quelle-Bank hatte bereits im Oktober Tausende Kreditkarten ihrer Kunden ausgetauscht. Auch die Lufthansa hat reagiert und „Miles & More“-Karten mit Bezahlfunktion aus dem Verkehr gezogen. „Wir haben in den vergangenen vier Wochen die Karten von Kunden vorsorglich ausgetauscht, die in diesem Jahr in Spanien damit bezahlt haben oder bei Händlern mit Sitz in Spanien“, sagt Amelie Schwierholz, Sprecherin der Lufthansa. Konkrete Schäden habe es aber nicht gegeben. Betroffen seien einige Tausend Kunden, die eine neue Karte samt neuer Kartennummer erhalten haben. Bankpartner der Lufthansa ist die DKB-Bank. Für die Lufthansa ist der Fall damit vorerst abgeschlossen.

Air Berlin verzichtet dagegen auf eine generelle Rückrufaktion ihrer, zusammen mit der Landesbank Berlin herausgegebenen und in Spanien verwendeten Kreditkarten. Die Landesbank Berlin verweist auf ihre Risikoprävention und darauf, dass ein genereller Kartenaustausch mit erheblichen Unannehmlichkeiten für den Kunden verbunden sei.

Neben Personen, die sich in Spanien aufgehalten haben, könnten prinzipiell auch Kartenkunden betroffen sein, die von der Heimat aus in spanischen Internet-Online-Shops eingekauft haben.

Wer haftet?

Im Falle eines Missbrauchs entsteht den Kunden laut dem ZKA kein Schaden, da diese ein Widerrufsrecht bei sämtlichen Abbuchungen haben. „Wir zahlen den Schaden, wenn er in Verbindung mit einer Dateneinsicht in Spanien steht“, sicherte Steudel zu – wenn es sich also um einen „unerlaubten, vom Kunden nicht veranlassten Zahlungsvorgang handelt“.

Daher rät Peter Lischke von der Verbraucherzentrale Berlin, gerade in den nächsten Wochen die monatliche Kreditkartenabrechnung sehr genau zu kontrollieren. „Wenn dabei unklare Zahlungen auftauchen, sollte man sich umgehend an das betreffende Kreditinstitut wenden und das beanstanden“, sagt Lischke. In der Regel endet die Einspruchsfrist nach vier oder sechs Wochen. Zahlen müsse der Kunde diese Abbuchung dann nicht. Der Verbraucherschützer lobt den „großzügigen“ Umgang der Banken mit dem aktuellen Vorfall: „Die Institute haben uns versichert, dass sie hierbei ganz unbürokratisch vorgehen werden.“ Auch hätten sie vorbeugend gehandelt, ohne dass es zu größeren Schäden gekommen sei.

Der Umtausch einer Karte kostet eine Bank nach ZKA-Angaben etwa fünf bis zehn Euro. Für den Umtausch müssen die Banken daher rund eine Million Euro einkalkulieren. Insgesamt sind in Deutschland derzeit 24,6 Millionen Kreditkarten im Umlauf. Europaweit hat allein Visa nach eigenen Angaben 361 Millionen Debit-, Visa- und Firmenkarten ausgegeben. Der Umsatz mit diesen Karten im Handel und bei Bargeldabhebungen belief sich im vergangenen Jahr (Stichtag 30. Juni 2008) auf mehr als 1,3 Billionen Euro. 11,4 Prozent der Verbraucherausgaben im europäischen Handel werden mit einer Visa-Karte getätigt.

Kann man auch von sich aus tätig werden?

„Wenn Sie keine Post von Ihrer Bank erhalten haben, war und ist Ihre Karte auch nicht gefährdet“, betont ZKA-Sprecher Steffen Steudel. Visa und Mastercard hätten den Banken mitgeteilt, welche Daten oder Kreditkarten gefährdet sein könnten. Wer darin nicht vorkam, wurde auch nicht angeschrieben. Allerdings: Wer sich in den vergangenen Monaten in Spanien aufgehalten hat oder auch einfach nur misstrauisch ist, könne sich natürlich an seine Bank wenden und diese um eine Überprüfung der Abrechnung bitten, sagt Verbraucherschützer Lischke. Wer seine Karte sperren und eine neue beantragen wolle, könne dies tun. „Das müsste für den Kunden kostenlos sein, da der Fehler ja nicht von ihm gemacht wurde.“

Was können Verbraucher tun?

Wer illegale Abbuchungen fürchtet, kann seine Karte unter der zentralen Rufnummer 116 116 sperren lassen. Außerdem kann man sich an das betreffende Kreditinstitut oder das Kreditkartenunternehmen wenden. Am Mittwochvormittag waren allerdings sowohl Visa als auch Mastercard über einen längeren Zeitraum nicht über ihre auf den Kreditkarten angegebenen Nummern erreichbar, wahrscheinlich wegen Überlastung.

Sind auch EC-Karten betroffen?

Bisher gibt es keine Hinweise darauf, dass auch EC-Karten betroffen sind. Die Kreditkarten-Alternative ist in Deutschland noch verbreiteter: 90 Millionen solcher Plastikkarten sind deutschlandweit im Umlauf. Dass dieses Zahlungsmittel nicht von dem möglichen Datenklau betroffen ist, liegt sehr wahrscheinlich daran, dass es bei EC-Karten keinen zwischengeschalteten Abrechnungsdienstleister gibt, wie es bei Kreditkarten der Fall ist. Genau dort sollen in Spanien die Daten abhanden gekommen sein.

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