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Wirtschaftskrise: Jetzt amtlich: Regierung befürchtet tiefe Rezession

Ab Mitte des Jahres kommt die Wende zum Besseren, hofft Wirtschaftsminister Glos. Nicht alle teilen den Optimismus.

Berlin - Die deutsche Wirtschaft steht nach Einschätzung der Bundesregierung vor der tiefsten Rezession seit dem zweiten Weltkrieg, könnte aber schon in der zweiten Jahreshälfte wieder auf Wachstumskurs zurückkehren. „Wir sehen zum zweiten Halbjahr eine Wende zum Besseren“, sagte Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) am Mittwoch bei der Vorlage des Jahreswirtschaftsberichts in Berlin. Glos geht davon aus, dass dann die weltweit ergriffenen Maßnahmen gegen die Krise sowie die Konjunkturpakete der Bundesregierung wirkten. Seine Prognose für das Gesamtjahr korrigierte er aber nach unten: Statt eines leichten Wachstums um 0,2 Prozent erwartet er im Gesamtjahr nun einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 2,25 Prozent. Der Bundesverband Groß- und Außenhandel (BGA) geht sogar von einem Wachstumseinbruch von bis zu drei Prozent aus, wie er am Mittwoch erklärte. Die Exporteure seien so skeptisch wie nie zuvor.

Auch die EU-Kommission hatte Anfang der Woche einen massiven Einbruch des Wirtschaftswachstums in Deutschland prognostiziert. EU-weit werde die Wirtschaft in diesem Jahr um 1,8 Prozent schrumpfen, in Deutschland sogar um 2,3 Prozent. Nur die baltischen Staaten, Irland und Großbritannien schneiden demnach noch schlechter ab.

Als Folge der Rezession rechnet die Bundesregierung damit, dass die Zahl der Erwerbslosen bis Jahresende voraussichtlich um 500 000 auf 3,5 Millionen steigen könnte. Eine Einschätzung, die der Deutsche Gewerkschaftsbund am gestrigen Mittwoch als „optimistisch“ bezeichnete. Selbst das Kieler Institut für Weltwirtschaft rechne mit einem Anstieg um 700 000, hieß es. Schon in diesem Januar ist die Zahl nach Einschätzung von Experten deutlich auf 3,4 Millionen Menschen gestiegen. Das wären rund 300 000 mehr als im Dezember 2008. Als Grund nannten sie neben der Wirtschaftskrise allerdings auch das frostige Winterwetter.

Bei der weiteren Entwicklung der deutschen Wirtschaft spielt der Export eine große Rolle, der in Deutschland überdurchschnittlich stark zum Wachstum beiträgt. Bei den Ausfuhren rechnet Minister Glos – nach teils zweistelligen Zuwachsraten in den Vorjahren – in diesem Jahr mit einem Einbruch um 8,9 Prozent. Dagegen könnten rückläufige Preise, höhere Löhne sowie Steuer- und Abgabensenkungen den privaten Konsum stützen und damit die Konjunktur etwas stabilisieren, heißt es im Jahreswirtschaftsbericht. Allein der niedrigere Ölpreis entlaste die Bürger um rund 20 Milliarden Euro.

Der Wirtschaftsminister geht daher davon aus, dass ab der Jahresmitte die weltweiten Maßnahmen gegen die Krise sowie die Konjunkturpakete der Bundesregierung wirken. Deutschland könne dann auch wieder stärker exportieren. Eine Prognose für 2010 wagte Glos zwar noch nicht, zeigte sich aber für die Weltwirtschaft im nächsten Jahr zuversichtlich.

Der Großhandel, der für 2009 einen nominalen Umsatzrückgang von vier Prozent erwartet, kann dagegen noch keine Trendwende erkennen. Sowohl die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage als auch die zukünftige Geschäftserwartung sei deutlich eingebrochen, ergab eine BGA-Umfrage unter Unternehmen.

Eher pessimistisch in der Einschätzung der weiteren Entwicklung ist auch der Internationale Währungsfonds (IWF). Die Weltwirtschaft werde noch stärker schrumpfen als bisher angenommen und noch zwei bis drei Jahre nicht zu stabilem Wachstum zurückkehren, sagte IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn am Mittwoch in einem Interview mit der britischen BBC. „Die Dinge sind nicht dabei, besser zu werden.“ Eine aktuelle Prognose will der IWF in den nächsten Tagen vorlegen.

M. Peters, A. Visser

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