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Geldregen

© dpa

Wirtschaftskrise: Staatsanleihen bringen hohe Zinsen

Die Staatshaushalte sind erschöpft. Wer den verschiedenen Staaten jetzt Geld leiht, kann mit hohen Renditen rechnen. Vor allem osteuropäische Staaten belohnen Anleger derzeit mit bis zu zehn Prozent Rendite. Deutsche Anleihen hingegen werfen nur magere Zinsen ab.

Gerade mal 3,2 Prozent Zinsen erhält, wer dem deutschen Staat für zehn Jahre Geld leiht. Bundesanleihen unter zwei Jahren werfen gar nur 0,7 bis 1,5 Prozent ab. Immer häufiger gehen institutionelle wie private Investoren deshalb in anderen EU-Ländern auf die Suche nach lukrativeren Anlagen. Denn vor allem osteuropäische Staaten wie die baltischen Länder, Rumänien, Polen oder Ungarn belohnen Anleger derzeit mit Renditen von bis zu zehn Prozent.

Der Hintergrund: Die Finanzkrise hat die aufstrebenden Volkswirtschaften und Euro-Aspiranten in Ost- und Südosteuropa hart getroffen. Investoren zogen massiv Gelder ab, brachten damit heimische Währungen wie den ungarischen Forint unter Druck. Der Anleihemarkt zur Staatsfinanzierung trocknete aus, Ratingagenturen senkten die Bewertungen, die Kurse sackten ab, auch westliche Banken fuhren ihre Kreditlinien zurück. Zudem sind manche Staaten zu bis zu 90 Prozent in Euro oder Dollar, also in fremden Währungen, verschuldet.

Seit drei bis vier Wochen beruhigt sich die Lage. Der Internationale Währungsfonds stellte Milliarden bereit. Am Dienstag verdoppelte die EU gar ihren eigenen Hilfsfonds für Notfallkredite auf 50 Milliarden Euro. Vor allem Rumänien. Lettland und Ungarn erhielten Hilfsgelder in zweistelliger Milliardenhöhe.

„Es ist gelungen, die Märkte zu beruhigen, man traut risikoreicheren Anlagen wieder“, sagt Rüdiger Kehrt, Rentenfonds-Manager bei Union Investment, der Fondstochter der Volks- und Raiffeisenbanken. Institutionelle Anleger suchten gezielt nach Anlagen mit höherer Verzinsung als deutsche Staatspapiere. Von der Rückkehr der Risikobereitschaft profitierten auch ost- und südosteuropäische Staatsanleihen: Die Kurse stiegen, die Renditen fielen. Eine rumänische Euro-Staatsanleihe, die bis 2018 läuft und einen Zinskupon von 6,5 Prozent hat, rentiert beim Kurs von knapp 92 mit 7,8 Prozent. Damit ist der Kurs seit Januar um rund 35 Prozent gestiegen.

Die größten Probleme in der EU hat Lettland. Die Wirtschaft des Landes wird Prognosen zufolge um zehn bis zwölf Prozent einbrechen, die Löhne wurden um ein Drittel gekürzt, die Liquiditätslage ist angespannt. Hilfskredite über 7,5 Milliarden Euro verhinderten den Staatsbankrott. Wegen der vergleichsweise moderaten Staatsverschuldung hat Lettland jedoch immer noch die Rating-Note Baa3 (Moody’s), gilt also als „durchschnittlich gute bis spekulativere Anlage“, die sich für ein Investment von Privatanlegern noch eignet. Die auf zukünftige Euro-Länder spezialisierte Fondsmanagerin Barbara Eberhardt ist sich sicher, dass das Risiko lettischer Anleihen sehr gering ist, Rückzahlung wie Zinszahlungen seien nach ihrer Einschätzung nicht in Gefahr.

Allerdings könnten die Kurse bei unerwartet schlechten Nachrichten zwischenzeitlich unter Druck geraten. Eine 2004 auf den Markt gebrachte, zehnjährige Anleihe etwa stürzte im Zuge der Finanzkrise seit Oktober von 95 auf 70 ab, erholte sich jedoch seit April wieder auf 78. Damit wirft sie bei einem jährlichen Zins von 4,25 Prozent derzeit 9,9 Prozent ab. Länger laufende Papiere versprechen sogar Traumrenditen von mehr als zehn Prozent. Ein Währungsrisiko ist nicht vorhanden, denn die Anleihen lauten auf Euro.

Hohe Zinsen bekommt man auch in der Euro-Zone. Griechenland etwa lockt bei langfristigen Engagements mit Aufschlägen von knapp zwei Prozentpunkten gegenüber deutschen Staatspapieren. Vor wenigen Wochen noch waren es noch mehr als drei. Eine im März emittierte zehnjährige Staatsanleihe mit einem Kupon von sechs Prozent rentiert aktuell bei 5,25 Prozent. Für fünf Jahre zahlt Athen derzeit immer noch rund 4,6 Prozent. Der Preis spiegelt die Risikoeinschätzung der Ratingagenturen wider: Mit A1 (Moody’s) beziehungsweise A- (S & P) wird Griechenland um fünf bis sieben Stufen schlechter bewertet als Deutschland. Dies bedeutet jedoch, dass ein Investment in dem Land nach aktuellen Erkenntnissen als „sicher“ gilt.

„Der Ausfall einer Staatsanleihe eines Euro-Landes ist nicht zu erwarten“, ist sich auch Fondsmanager Kehrt sicher. In Kehrts Fonds, etwa dem Uni-Euro-Bond, seien griechische Anleihen übergewichtet, womit man sich „derzeit auch sehr wohl“ fühle. Wegen der enormen Verschuldung des Landes rät Kehrt jedoch eher zu kurzen bis mittleren Laufzeiten. Dass andere Investoren dies auch so sehen, beweist die Tatsache, dass Griechenland gerade eine Anleihe im Volumen von sieben Milliarden Euro platziert hat, die Nachfrage aber doppelt so hoch lag.

Auch Italien verwöhnt mit Zinsaufschlägen. Mit der drittbesten Investment- Note (Aa2 bei Moody’s) muss Rom 0,8 bis 0,9 Prozent mehr hinblättern als Berlin. Selbst Österreich und Irland, die wie Deutschland bei Moody’s mit „Triple-A“ zu den Klassenbesten in der EU gehören, liegt das Zinsniveau höher. Weil Österreich wirtschaftlich stark in osteuropäischen Nachbarländern engagiert ist, sieht der Markt ein geringfügig höheres Risiko und lässt sich dies mit Aufschlägen von einem dreiviertel Prozentpunkt bezahlen.

Veronika Csizi

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