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Zertifikate: Rendite trotz Flaute

Immer mehr Anleger setzen auf Zertifikate. Sie versprechen Gewinne trotz schwachem Börsenverlauf. Grund zur Euphorie gibt es jedoch nicht.

Lächeln, wenn andere Trauer tragen und verdienen, wenn die Kurse auf der Stelle treten: Seit es Zertifikate gibt, ist das kein Wunschtraum mehr. Denn Zertifikate versprechen Gewinne, wenn die Börse lustlos seitwärts dümpelt - und selbst dann, wenn es leicht abwärts geht. Immer mehr Anleger greifen deshalb Branchenzahlen zufolge zu den vergleichsweise neuen Produkten, und immer neue Varianten kommen auf den Markt. Vor Euphorie sei aber gewarnt: Das Angebot ist schwer zu durchschauen, und auch Zertifikate sind nicht immer eine sichere Bank.

Tausende von Produkten haben die Anbieter mittlerweile aufgelegt, und die Papiere sind heiß begehrt: So zog das Deutsche Derivate-Institut (DDI) in Frankfurt, zum Abschluss des ersten Quartals 2007 zum wiederholten Mal eine neue Rekordbilanz: Rund 33 Prozent mehr Umsatz als im ersten Quartal 2006 lautet das Ergebnis, rund 200.000 neue Papiere wurden zwischen April 2006 und März 2007 herausgegeben. Und was sich im Vergleich zur Situation vor ein paar Jahren geändert hat: Nicht mehr spekulative Papiere, sondern vor allem defensive Produkte für Privatanleger stehen jetzt hoch im Kurs.

Mitverdienen ohne direkten Aktienbesitz

Zertifikate sind Schuldverschreibungen. Der Anleger kann durch sie von der Entwicklung bestimmter Basiswerte profitieren, ohne diese direkt zu besitzen, erläutert die Hypovereinsbank in München. Anleger setzen vielmehr auf eine bestimmte Kursentwicklung - zum Beispiel mit einem so genannten Bonuszertifikat. "Wenn der Kurs des Basiswerts dabei während der Laufzeit nicht unter einen bestimmten Wert fällt, bekomme ich den Nennwert zurück und einen Bonus dazu", sagt Produktmanagerin Susann Cudok.

Der Basiswert kann dabei eine einzelne Aktie sein, ein Aktienkorb oder ein ganzer Index. Auch auf das Auf und Ab des Preises von Rohstoffen, Immobilien, Zinsen oder Währungen kann sich ein Zertifikat beziehen. Gegen Kursverluste ist die Anlage meistens bis zu einem gewissen Grad abgesichert - dann ist in der Regel allerdings auch die mögliche Rendite geringer als bei einem vergleichsweise direkten Investment in einen Basiswert.

Zertifikate mit Kapitalschutz gefragt

Besonders Garantiezertifikate mit 100 Prozent Kapitalschutz sind bei den Kunden gefragt. "Das sind die Zertifikate mit dem größten Marktanteil", sagt Cudok. Auch wenn der Anleger den möglichen Gewinn nicht ganz für sich behalten dürfe: "Alles, wo Totalverlust ausgeschlossen ist, ist eine Finanzinnovation." Und deshalb verlange der Fiskus auch nach der Spekulationsfrist von einem Jahr seinen Teil vom Ertrag.

An zweiter Stelle liegen den Angaben zufolge Bonuszertifikate, die einen Sicherheitspuffer gegen Kursverluste bieten. Beliebt sind auch Express-Zertifikate mit der Möglichkeit einer vorzeitigen Rückzahlung. Der Charme der Produkte liege darin, dass sie attraktive Renditen versprechen, sagt Cudok - auch wenn die Börse seitwärts dümpelt.

Nur bedingt was für jedermann

Dennoch sollte sich niemand von Zertifikaten zu viel versprechen: "Zertifikate sind nur bedingt etwas für jedermann", sagt der Wirtschaftsjournalist Thomas Hammer, der für die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf den Ratgeber "Richtig investieren in Wertpapiere" geschrieben hat. Er rät Anlegern, nur die Papiere zu kaufen, deren Funktionsweise ihnen völlig klar ist. Denn viele Produkte seien nicht transparent.

"Bei Zertifikaten auf einen Aktienindex ist zum Beispiel oft nicht klar, was mit den Dividenden passiert." Einige Emittenten ließen sie dem Anleger zugute kommen, andere behielten die Dividenden ein und belegten das Zertifikat so mit einer versteckten Gebühr - und die könne zwei bis drei Prozent im Jahr erreichen. "Oft gibt es bei der Emission auch eine Art Ausgabeaufschlag", sagt Hammer. Dazu komme im anschließenden Börsenhandel eine Spanne zwischen Ankaufs- und Verkaufskurs, die ebenfalls als Kostenfaktor verbucht werden müsse.

Bei unklarer Sachlage Finger weg

Bei vielen speziellen Produkten wie Basketzertifikaten und Papieren auf Einzelwerte oder einzelne Branchen seien zudem Chancen und Risiken für Laien nicht zu überblicken: "Und je exotischer ein Zertifikat gestrickt ist, desto größer ist die Gefahr, dass die Bank Gewinne abzwackt." Vor allem Kleinanlegern rät der Autor daher eins: "Wenn die Sachlage nicht ganz klar ist, sollten sie die Finger davon lassen."

Sie sollten sich lieber auf die bekannteren Produkte konzentrieren und ein Indexzertifikat anstelle eines Aktienfonds ins Depot nehmen. Klar seien in der Regel auch Discountzertifikate: Sie sind günstiger zu haben als ihr Basiswert, bieten dafür aber auch nur eine beschränkte Gewinnmöglichkeit.

Schwache Beratung

Wie schwierig die richtige Wahl fällt, zeigt auch, dass selbst das brancheneigene Institut vor einem undurchsichtigen Markt warnt. Wer an Zertifikaten interessiert ist, muss sich oft selbst ein Bild machen, so das Fazit einer Studie des DDI. Danach ist knapp die Hälfte der Bankberater nicht optimal informiert. Zwei Drittel der Berater machten ihre Kunden gar nicht erst auf die unterschiedlichen Zertifikat-Arten aufmerksam.

"Noch ist alles ein bisschen Black Box", sagt DDI-Vorstand Dieter Lendle. Anleger sollten daher darauf achten, wer das Zertifikat herausgibt. Denn anders als bei Fonds habe bei den Inhaberschuldverschreibungen der Kunde das Bonitätsrisiko: "Geht der Emittent den Bach runter, hat der Kunde sein Geld verloren." Und eine Pleite sei letztlich auch bei großen Banken nicht ausgeschlossen.

Burkhard Fraune[dpa]

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