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Das Sonnenland. Schon zu Zeiten des Baus der Pyramiden von Gizeh (um 2600 v. Chr) huldigten die Ägypter den Sonnengöttern. Die Strahlung ist etwa zweieinhalb Mal so stark wie in Deutschland. Ein optimales Land für die Fotovoltaik – eigentlich.

© Imago

Finanzfirma Terra Sola: Schweizer Investor will Ägypten die deutsche Energiewende verkaufen

David Heimhofer will Kairo die Energiewende bringen: Mit deutscher Technologie und Kapital von der Börse Berlin - und Technik der ehemals Berliner Solarfirma Solon.

Mitte dieser Woche saß David Heimhofer in Kairo im Büro von Ägyptens Premierminister Ibrahim Mahlab. Mit dabei war Energieminister Mohamed Shaker. Der hatte Präsident Abdel Fattah al Sisi nach dem letzten großen Blackout im September seinen Rücktritt angeboten. Der starke Mann am Nil aber lehnte ab und ordnete an, dass seine Regierung das Stromproblem endlich in den Griff bekommt. Darum brüteten sie diese Woche schon wieder mit diesem Schweizer Finanzmanager über einem Plan.

Heimhofer hatte der Regierung erstmals vor einem Jahr vorgeschlagen, umgerechnet drei Milliarden Euro einzusammeln – bei Kleinanlegern an deutschen Börsen und bei Banken in aller Welt. Das Kapital will er in Solarkraftwerke investieren. Es wäre das bisher wohl weltgrößte Vorhaben dieser Art, so wie das Projekt „Desertec“, nur kommerziell erfolgreich. Womöglich.

„Es war schon das dritte oder vierte Treffen dieser Art, eigentlich nicht sehr spektakulär“, berichtet Heimhofer dem Tagesspiegel. Doch plötzlich sprang die Tür auf und ein Dutzend ägyptischer Reporter, einige davon mit TV-Kameras, strömte in das Büro des Premiers. Sie drehten Szenen, stellten ihre Fragen. „Ich hatte gar keine Pressemitteilung vorbereitet, war völlig überrumpelt“, erzählt Heimhofer. Trotzdem stand am Donnerstag in Kairos Zeitungen, dass Heimhofers Firma Terra Sola mit Zentrale im Golf-Königreich Bahrain in mehreren Phasen besagte drei Milliarden Euro investieren will; dass er rund 20.000 Jobs im ersten Jahr nach Fertigstellung schaffen will – und mit dem Projekt einen Jahresumsatz von umgerechnet 670 Millionen Euro pro Jahr anpeilt. Starke News für alle.

Wie geht man in Ägypten um mit privaten Investoren?

Heimhofer ist natürlich nicht unglücklich über diesen Presse-Überfall. Er hatte die Reporter nicht bestellt, doch der Vorfall ist ein Indiz dafür, dass seine ägyptischen Partner den Plan ernst nehmen, wenn sie schon die Presse einladen. Am kommenden Montag soll es ein neues Treffen geben – diesmal mit sechs Ministern, von denen längst nicht alle von dem Plan überzeugt sind: Wie geht man um mit privaten Investoren? Halten die ihre Versprechen? Soll das Militär, das Ägyptens Wirtschaft seit der Ära Mubarak kontrolliert, mit an Bord sein? Und was ist mit dem Gesetz, wonach man in Ägypten kein Land mehr verschenken darf, weil Mubarak das als Instrument gebraucht hatte, um Gefolgsleute bei Laune zu halten? Solche Fragen gibt es – und viele mehr.

Der Finanzmanager David Heimhofer (56) bei einer Präsentation. Seine Karriere begann Ende der 1980er Jahre bei der Credit Suisse. Heute lebt und arbeitet er in Bahrain.
Der Finanzmanager David Heimhofer (56) bei einer Präsentation. Seine Karriere begann Ende der 1980er Jahre bei der Credit Suisse. Heute lebt und arbeitet er in Bahrain.

© Terra Sola

Heimhofer kommt nicht allein am nächsten Montag: Begleiten soll ihn unter anderem ein führender Regionalmanager eines großen deutschen Energiekonzerns. Der Mann hat, wie dem Tagesspiegel bestätigt wurde, diese Woche aus dem Konzernvorstand grundsätzlich die Freigabe erhalten, als Partner einzusteigen. Einen festen Vertrag gibt es aber noch nicht. Konkret will dieses Unternehmen mithelfen, das marode Stromnetz Ägyptens zu sanieren. Andere Partner sollen die Grünstrompioniere Juwi aus Wörrstadt (Rheinland-Pfalz) sein und der Solarmodulproduzent Solon. „Ich weiß, Solon hat in Deutschland derzeit ein Imageproblem, die machen aber gute Qualität“, sagt Heimhofer.

Am nächsten Morgen kam der Stromausfall

So könnte man es ausdrücken: Solon, einst Berlins größtes Solarunternehmen, gestützt mit Bürgschaften von Bund und Ländern, war Ende 2011 erstmals in die Insolvenz gegangen. Die neuen indischen Eigentümer (Microsol) nahmen später das Know-how und einige Maschinen, behielten den Namen Solon – aber nicht die Mitarbeiter. Sie schlossen den Standort im Forschungspark Berlin-Adlershof und verlegten alles ins kleine arabische Emirat Fudscheira. Bald könnte Berliner Ingenieurskunst in der Sahara stehen und Ägyptens Energiewende einleiten.

Schon einmal war Heimhofer seinem Ziel ganz nah: Anfang September 2014 standen er und seine Leute in Kairo bereit, feierlich eine Absichtserklärung, ein Memorandum of Understanding, mit dem Premierminister zu unterzeichnen. Der Termin platzte nur Stunden vorher. Heimhofers Begleiter, darunter ein deutscher Vermögensverwalter, Mitarbeiter seiner Geschäftsstelle in Bahrain, seine ägyptischen Unterhändler – alle schauten an diesem Abend still und sparsam in ihre Gläser im Hotel-Restaurant.

Nur Heimhofer redete weiter: Wo, argumentierte er, könnte es mehr Sinn machen, die Energie der Sonne zu ernten als hier? In Ägypten strahle sie im Jahresmittel zwei- bis dreimal so stark wie in Deutschland. Ägypten hat auch genug Platz für Solarfelder, da 90 Prozent der Bevölkerung auf zehn Prozent der Landesfläche leben. Der Rest ist Wüste. Und das Land hat eine Million jobsuchende Jugendliche und Energieprobleme ohne Ende.

Am nächsten Morgen kam der Stromausfall – „als hätten wir ihn bestellt“, ulkte Heimhofer damals in der Hotellobby, nicht wissend, dass es der angeblich größte Vorfall seit 15 Jahren war, wie ägyptische Medien berichteten. Lokale Ausfälle erlebt das Land fast täglich. An diesem 4. September aber fiel ab 6 Uhr in fast allen Teilen Ägyptens der Strom aus, mancherorts für mehr drei Stunden. Die Handynetze der größten Betreiber Mobilnil und Vodafone brachen zusammen, Kairos übervoll besetzte U-Bahnen blieben in Tunneln stecken. Und so war Heimhofer schon am nächsten Tag wieder im Gespräch mit der Regierung.

Kostenloses Land für die Solarfelder

In einer ersten Phase will er Fremdkapital und Kredite in Höhe von gut 1,2 Milliarden Euro auftreiben, um zwei riesige Fotovoltaikparks mit je 400 Megawatt peak (MWp) Leistung zu installieren. Nach Abschluss von Phase zwei soll sogar 2000 MWp installiert sein. Das heißt: Die Solarkraftwerke könnten – freilich nur zur Mittagszeit – Strom für etwa zehn Prozent der Bevölkerung erzeugen, so viel wie der Assuan-Staudamm. Zudem will Heimhofer ein Programm auflegen, das bis zu 4000 Studenten fit macht für die Energiewirtschaft. Und er verspricht einen Fonds aufzulegen, der kleine lokale Solarfirmen vor Ort mit kostenlosen Krediten versorgt. Dieses Paket lockt die Ägypter.

Im Gegenzug verlangt Terra Sola unter anderem kostenloses Land für die Solarfelder und einen für 20 Jahre fixen Abnahmepreis für den darauf erzeugten Strom – so wie in Deutschland. Derzeit verhandelt Heimhofer über die Höhe dieser Einspeisevergütung, die natürlich entscheidend ist für die Rendite und die Bereitschaft von Anlegern, Aktien zu kaufen oder bei seinem Fonds einzusteigen. Bei einem kleineren Solarprojekt hatte die Regierung unlängst 14 Dollar-Cent (12,4 Euro-Cent) je erzeugter Kilowattstunde versprochen. „Ich will meinen Anlegern zweistellige Renditen bieten. Das ist für den arabischen Raum und die Risiken hier nicht unangemessen“, sagt er.

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