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Josef Ackermann

© ddp

Finanzkrise: Ackermann weist Köhlers "Monster"-Vorwurf zurück

Die Finanzmärkte sind "Monster" - diesen Vorwurf von Bundespräsident Köhler will Deutsche-Bank- Chef Ackermann nicht auf sich sitzen lassen. Die Banken hätten in der Krise kühlen Kopf bewahrt - auch wenn sein Institut nicht "ganz ohne Kratzer" geblieben sei.

Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann weist die harsche Kritik von Bundespräsident Horst Köhler an der Finanzbranche als überzogen zurück.  Zugleich warnt er in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" vor einer Dämonisierung der Märkte. "Nur ein relativ kleiner Teil des Finanzsystems hat den Markttest nicht bestanden", sagte Ackermann. "Es wäre deshalb auch völlig falsch und schädlich für unser künftiges Wirtschaftswachstum und unseren Wohlstand, Finanzinnovationen wie Kreditderivate oder Verbriefungen generell zu dämonisieren." Köhler hatte die Finanzmärkte als "Monster" bezeichnet und den Banken in ungewöhnlich scharfen Worten Versagen vorgeworfen. Die Finanzwelt hat sich in der seit Sommer 2007 anhaltenden Finanzmarktkrise "mächtig blamiert", wie der frühere Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) dem Magazin "Stern" sagte. Nach dem Versagen vermisst er "ein klar vernehmbares mea culpa"

als Schuldeingeständnis

der Banken

.

"System im Griff behalten"

Ackermann entgegnete, Banken und Aufsichtsbehörden sei es gemeinsam gelungen, "ein extrem komplexes System wie das heutige Weltfinanzsystem im Griff zu behalten". Die Banken seien sich auch ihrer weiteren Verantwortung sehr bewusst. "Ich sehe keinerlei Indizien für eine neue Weltwirtschaftskrise", betonte der Vorstandsvorsitzende der größten deutschen Bank. Er ist der erste Spitzenbanker, der sich öffentlich zu Köhlers Schelte äußert.

Ackermann verweist darauf, er habe schon im vergangenen Sommer öffentlich gesagt, "dass die Banken Fehler gemacht haben - inklusive wir selbst".  Die Deutsche Bank sei nicht "ganz ohne Kratzer" davongekommen. "Aber das hält sich vergleichsweise doch sehr in Grenzen." Der deutsche Branchenprimus musste bisher infolge der Krise rund fünf Milliarden Euro Belastungen verkraften und war im Auftaktquartal 2008 erstmals seit fünf Jahren in die Verlustzone gerutscht. An ihrem 25-Prozent- Renditeziel hält die Bank unvermindert fest. Dabei sieht Ackermann sein Institut  bei möglichen Zukäufen nicht unter Zugzwang. Als mögliche Kandidaten gelten

Postbank und Citibank.

Ackermann will Vertrauensschwund stoppen

Die Branche bemüht sich derzeit weltweit darum, aus den Fehlern zu lernen und beispielsweise mehr Transparenz zu schaffen. Ackermann bekräftigte, Anfang April habe er sich als Präsident des internationalen Bankenverbandes IIF erneut "klar und deutlich zur Verantwortung der Finanzindustrie bekannt". Die Krise hatte weltweit bei etlichen Banken zu Milliardenbelastungen geführt, in Deutschland waren die Landesbank von Sachsen (Sachsen LB) und die Mittelstandsbank IKB in Existenznot geraten. "Was nur meist übersehen wird: Verluste wurden in dieser Krise nur in ganz wenigen Bereichen gemacht", sagte Ackermann. "Der Großteil der Geschäfte lief sehr gut."

Ackermann ermahnte alle Beteiligten - Geschäftsbanken, Aufsichtsbehörden, Ratingagenturen und Zentralbanken -, den "Vertrauensschwund zu stoppen und möglichst umzukehren". Dabei erneuerte er den Vorschlag des Bankenverbandes IIF (Institute of International Finance/Washington), eine Art Weisen-Rat zu etablieren. Dieser solle systematisch nach möglichen Übertreibungen im Markt forschen und im Falle sich anbahnender Krisen rechtzeitig Alarm schlagen. Allerdings müssten sich auch Manager insgesamt "künftig viel mehr auch mit den moralischen Dimensionen" ihres Tuns auseinandersetzen "und den Menschen in Wort und Tat zeigen, dass Moral und Markt kein Gegensatz sind", sagte Ackermann. (sf/dpa)

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