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FINANZKRISE Banken und Industrie in Bedrängnis: Bund soll bei Commerzbank einsteigen

Endgültige Entscheidung über Hilfen aus dem Rettungsfonds soll in der kommenden Woche fallen. Aktienkurs bricht ein

Frankfurt am Main - Die Commerzbank wird voraussichtlich als zweite private Bank das Rettungspaket des Bundes in Anspruch nehmen. Wie aus Finanzkreisen berichtet wird, will sich die Bank nicht nur staatliche Garantien, sondern auch frisches Kapital aus dem Rettungsfonds besorgen. Der Aufsichtsrat wird nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters auf einer für Dienstag geplanten Sitzung mit Vorstandschef Martin Blessing darüber beraten. Damit würde der Bund bei der zweitgrößten Privatbank einsteigen. Offiziell bestätigt wurden die Angaben nicht. „Wir prüfen noch und wissen nicht, wie lange diese Prüfungen noch dauern“, sagte ein Sprecher.

Spätestens am Mittwoch wird die Bank für Klarheit sorgen, wenn sie die Zahlen für das dritte Quartal präsentiert. Experten erwarten nichts Gutes: Möglicherweise droht dem Institut aufgrund neuer Wertberichtigungen sogar ein Verlust.

Die Commerzbank muss womöglich auf Kapital vom Staat zurückgreifen, weil sie spätestens im Januar den ersten Schritt zur knapp zehn Milliarden Euro teuren Übernahme der Dresdner Bank einleiten will und dazu eine dickere Eigenkapitaldecke braucht. Auch für die Gewährung von Staatsgarantien aus dem Fonds ist eine ausreichende Eigenkapitalausstattung vorgeschrieben.

Ende Juni hatte die Commerzbank bei einem Eigenkapital von 15,4 Milliarden Euro eine Kernkapitalquote von 7,4 Prozent. Damit liegt sie zwar über der Postbank, die auf eine Quote von 5,5 Prozent kommt und selbst nach der geplanten Kapitalerhöhung nur auf 6,9 Prozent zulegen kann. Aber die Deutsche Bank hat mit einer Quote von mehr als zehn Prozent eine bessere Ausstattung als die Commerzbank. Allerdings betreibt die Nummer eins der Branche auch ein stärkeres internationales Geschäft, das mit höheren Risiken behaftet ist.

Nach Ansicht von Analysten wäre eine Kapitalquote von acht bis neun Prozent auch für die Commerzbank gut. Dazu allerdings müsste sie am Kapitalmarkt zwei bis drei Milliarden Euro einsammeln, was derzeit wegen des niedrigen Aktienkurses und der anhaltenden Finanzkrise praktisch unmöglich ist.

Commerzbank-Chef Martin Blessing hatte den 480-Milliarden Euro schweren Stabilisierungsfonds ausdrücklich begrüßt und schon vor einer Woche betont, man werde eine Inanspruchnahme prüfen. Bislang haben aber nur drei Landesbanken und die ohnehin auf Staatshilfe angewiesene Hypo Real Estate angekündigt, Kapitalhilfen aus dem Fonds zu nutzen. In der Branche heißt es, die privaten Banken fürchteten einen Imageverlust und den Einbruch ihres Aktienkurses. Dass diese Angst berechtigt sein kann, zeigte sich am Freitag. Als die Meldungen um die Commerzbank die Runde machten, brach der Aktienkurs um zeitweise fast zehn Prozent ein.

Bundesbank-Präsident Axel Weber warb unterdessen weiter für den Fonds. „Die ausgewogene Nutzung des Maßnahmenpakets kann ein wichtiger vertrauensbildender Faktor sein, der Fonds kann eine Katalysatorrolle spielen“, sagte Weber. Das müssten die Banken bedenken. Sie müssten ihre Eigenkapitalbasis stärken, um die Branche zu stabilisieren und die Finanzmärkte zu beruhigen.

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