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Gordon Brown

© dpa

Finanzkrise: Der Staat übernimmt

Alle haben Angst. Der IWF sieht schwarz. Jede Regierung sucht nach einem eigenen Ausweg. Großbritannien kündigt an, acht Banken teilweise zu verstaatlichen. Auch Frankreich, Spanien und Italien planen ähnliche Schritte.

Um ihre Banken durch die Finanzkrise zu helfen, legen immer mehr Staaten milliardenschwere Rettungspakete auf. In einem bisher beispiellosen Schritt hat Großbritannien am Mittwoch angekündigt, acht große Banken teilweise zu verstaatlichen. Dafür stellt die britische Regierung bis zu 50 Milliarden Pfund (65 Milliarden Euro) zur Verfügung, um die notleidende Finanzbranche zu stabilisieren.

Während Spanien, Italien und Frankreich ähnliche Hilfsprogramme ankündigten, übernahm Island aus Furcht vor einer Staatspleite nach dem zweitgrößten Geldinstitut Landsbanki am Mittwoch mit der Glitnir auch die drittgrößte Bank des Landes komplett.

Die finanzpolitische Zauberdecke zum Unsichtbarmachen

Großbritanniens Premierminister Gordon Brown sprach von "radikalen" Eingriffen in das Bankensystem. Gleichzeitig betonte die Regierung jedoch, die Institute, darunter die Royal Bank of Scotland, Barclays und der Immobilienfinanzierer HBOS, nicht ganz übernehmen zu wollen. "Wir verstaatlichen die Banken nicht, und wir wollen auch keine öffentliche Kontrolle", sagte Finanzminister Alistair Darling.

Der Staat erhält demnach Vorzugsaktien an den Banken, aber keine Kontrollbefugnisse (siehe Kasten). Im Gegenzug müssen die Institute nur geringe Zugeständnisse an ihren neuen Aktionär machen, etwa, dass mittelständische Unternehmen weiterhin Kredite erhalten. Zudem soll die Bank of England den Banken weitere 200 Milliarden Pfund an kurzfristigen Krediten zur Verfügung stellen. Als dritten Schritt garantiert die Regierung Anleihen der Kreditinstitute im Volumen von etwa 250 Milliarden Pfund.

Investoren befürchten seit Tagen, dass britische Banken die Krise nicht ohne staatliche Unterstützung überstehen könnten. Am Dienstag waren mehrere Bankaktien dramatisch abgestürzt. So hatten Papiere der Royal Bank of Scotland knapp 39 Prozent verloren, HBOS-Aktien büßten fast 42 Prozent an Wert ein.

Der Staat als Broker

Regierungschef Brown zeigte sich zuversichtlich, dass der Staat das eingesetzte Geld wieder zurückerhalte – wenn es den Banken wieder besser gehe und die Aktien Gewinn abwerfen würden. "Das Geld wird an das gesamte System verliehen, und wir werden es nach drei Jahren zurückbekommen", sagte auch Finanzminister Darling. Mit dem Notfallplan reagiere die Regierung auf außergewöhnliche Umstände. Der Prozess werde aber Zeit brauchen.

Um das gewaltige Paket zu finanzieren, muss sich die Regierung weiter verschulden. Die Banken begrüßten den Notfallplan. Ob die Maßnahmen allerdings ausreichen, um das britische Finanzsystem zu festigen, ist unklar. Analysten gaben zu bedenken, dass der Staat nicht mehr viel tun könne, falls das Rettungspaket nicht die gewünschten Erfolge bringe. "Der Staat verhält sich hier wie Hedgefonds: Er steigt in der Krise zu einem günstigen Kurs ein und hofft, seine Anteile nach der Restrukturierung zu einem höheren Preis wieder verkaufen zu können", sagte Michael Schröder vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung dem Tagesspiegel.

Bundesregierung gibt keine Bestandsgarantie für Banken

Die Bundesregierung begrüßte das Rettungspaket. Die teilweise Verstaatlichung werde zu einer Stabilisierung führen, sagte der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Jörg Asmussen. "Jeder weiß, welche Bedeutung der britische Bankensektor für Europa hat."

Am Dienstagabend hatte Spanien bereits ein ähnliches Paket angekündigt. Die Regierung in Madrid will einen 30 Milliarden Euro schweren Staatsfonds auflegen, der sich an einheimischen Banken beteiligen soll. Bei Bedarf könne er auf 50 Milliarden ausgeweitet werden, hieß es. Die Regierung gab außerdem eine Garantie für Spareinlagen der Bürger bis zu 100.000 Euro ab. Auch Griechenland kündigte staatliche Absicherungen in gleicher Höhe über drei Jahre an.

Frankreich bekräftigte am Mittwoch ebenfalls seine Bereitschaft, angeschlagene Banken zu unterstützen. "Wir müssen in der Lage sein, unverzüglich finanziell eingreifen zu können, auch in Form einer Kapitalbeteiligung", sagte Premierminister François Fillon. Dafür soll eine staatliche Rettungsgesellschaft gegründet werden. In Deutschland will die Bundesregierung dagegen von Fall zu Fall eingreifen und hat eine Bestandsgarantie lediglich für die Einlagen der Kunden, aber nicht für die Institute an sich ausgesprochen.

Juliane Schäuble

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