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Finanzkrise: Kreditklemme bremst Finanzreform

In Deutschland und anderen großen Industriestaaten wächst die Furcht vor einer weitreichenden Kreditklemme. Die Sorge, dass die Banken die Vergabe von Darlehen weiter einschränken, bremst auch den Reformeifer von Politikern und Regulierern beim Umbau der Finanzwirtschaft.

Die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G-20) wollen die Banken in Zukunft zwar mit härteren Eigenkapitalregeln von riskanten Geschäften abhalten. Die Reformen sollen aber erst einmal verschoben werden, bis die Institute die Folgen der Finanzkrise überwunden haben.

Die dem Handelsblatt vorliegenden neuen Daten der staatseigenen Förderbank KfW zur Kreditvergabe in Deutschland zeigen, dass es tatsächlich Anlass zur Sorge gibt. Für das vierte Quartal 2009 prognostiziert die KfW einen Rückgang des Kreditneugeschäfts gegenüber dem Vorjahr von acht bis 13 Prozent. Nach gut fünf Prozent Rückgang im zweiten Quartal und erwarteten fünf bis neun Prozent für das laufende Quartal bedeuten die neuen Daten: Trotz erster Erholungsanzeichen an den Finanzmärkten sinkt die Kreditvergabe.

„Insgesamt bleibt die Finanzierungssituation für die Unternehmen schwierig, und es bestehen erhebliche Risiken, dass sich die Lage weiter zuspitzt“, warnt die KfW. Und der Bundesverband der Deutschen Industrie fürchtet: „Die möglichen Kollateralschäden eines Liquiditätsengpasses dürfen nicht auf die leichte Schulter genommen werden – ein baldiger Aufschwung könnte dadurch ausgebremst werden.“

Die deutschen Banken haben bereits klargemacht, dass schärfere Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung zu einer weiteren „drastischen Verknappung der Kreditvergabemöglichkeiten“ führen könnten. In einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) betont der Zentrale Kreditausschuss, dass die von der G-20 diskutierten Maßnahmen angesichts der Furcht vor einer Kreditklemme „kontraproduktiv“ seien. Dem Kreditausschuss gehören alle Banken und Sparkassen an.

Die Finanzminister und Notenbankchefs der G-20-Staaten hatten sich am Samstag darauf geeinigt, dass Finanzinstitute künftig höhere Risikopuffer aufbauen sollen. Vor allem Banken, die so bedeutend sind, dass ihr Kollaps die Stabilität des Finanzsystems gefährden würde, sollen mehr teures Eigenkapital für riskante Geschäfte zurücklegen. Dies sei der Preis für das Privileg, im Notfall auf Staatshilfen vertrauen zu können, hieß es in Verhandlungskreisen. US-Finanzminister Timothy Geithner sagte, es gebe weitgehendes Einverständnis über die Standards für eine Finanzreform.

Mit der Umsetzung ihres Plans will die G-20 allerdings warten, bis die Banken die Folgen der Verwerfungen an den Märkten verkraftet haben. „Die Krise ist noch nicht vorbei, die Institute haben noch einige Herausforderungen zu bewältigen. Deshalb hat man keinen bestimmten Zeitpunkt festgelegt, ab dem die zusätzlichen Eigenkapitalvorschriften umgesetzt sein müssen“, hieß es im Bundesfinanzministerium. Die neuen Regeln sollten jedoch spätestens ab dem Jahr 2012 angewendet werden. HB

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