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Thilo Sarrazin

© Rückeis

Finanzkrise: Sarrazin glaubt nicht an Bad Banks

Berlins ehemaliger Finanzsenator Sarrazin bezweifelt, dass die Banken ihre "Giftpapiere" in so genannte Bad Banks auslagern. Staatlicher Zwang hätte Instituten besser getan, meint der Bundesbanker und wirft der Regierung vor, eine Chance verpasst zu haben.

Berlin/Frankfurt am Main - Führende Finanzexperten zeigten sich am Wochenende skeptisch, ob das vom Bundesrat verabschiedete Gesetz zur Errichtung von Bad Banks jetzt auch in großem Umfang von den Banken genutzt wird. Politiker und die Kreditinstitute selbst begrüßten die Möglichkeit zur Auslagerung „giftiger“ Wertpapiere, eine konkrete Inanspruchnahme zeichnete sich zunächst aber nur durch die Düsseldorfer WestLB ab. Als aussichtsreicher Kandidat gilt auch noch der mittlerweile verstaatlichte Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate.

Bundesbank-Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin rechnet zunächst nicht mit einem großen Ansturm auf die Bad Banks. „Wer soll jetzt noch Kunde dieser Bad Banks werden?“, fragte der frühere Berliner Finanzsenator auf einer Veranstaltung der Anwaltskanzlei Olswang in Berlin. Die Verantwortung für die Landesbanken liege jetzt schon bei den Sparkassen und Ländern, die genossenschaftlichen Banken würden ihre Probleme notfalls auch allein schultern. Und im privaten Bereich hätte sich der Staat ja bereits engagiert, sagte Sarrazin mit Blick auf die Hypo Real Estate und die Commerzbank.

Die Bundesregierung hat aus Sicht des Bundesbankers im Herbst 2008 nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers eine Chance verpasst. Man hätte die Banken zu dem Zeitpunkt nach dem schwedischen Vorbild zwingen müssen, ihre Aktiva realistisch zu bewerten und Abschreibungen vorzunehmen. Anschließend hätte man die Banken auffordern sollen, eine verbindliche Eigenkapitalquote zu erfüllen und innerhalb von acht Wochen mögliche Eigenkapitallücken zu schließen. Andernfalls wäre der Staat als Aktionär eingestiegen – so wie das in Großbritannien geschehen sei. In Deutschland wurde zwar ein 500 Milliarden Euro schweres Rettungsprogramm initiiert, doch die große Koalition überließ es den Banken, Hilfen in Anspruch zu nehmen. Das britische Modell ist für Sarrazin das ordnungspolitisch sauberste, weil es für die geringsten Wettbewerbsverzerrungen sorge.

„Eine direkte Beteiligung des Staates an Banken wäre eine bessere Lösung gewesen“, meinte auch Hans Wagener, Deutschland-Chef der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC. Allerdings heiße das nicht, dass das Modell der Bad Bank kein Interesse finden werde. Sollte die Wirtschaftskrise im Herbst noch einmal an Kraft zulegen, würden auch mehr Unternehmen und Banken in Schwierigkeiten kommen.

Der nordrhein-westfälische Finanzminister Helmut Linssen sagte, dass für die WestLB in einem ersten Schritt 6,4 Milliarden Euro an Garantien beim Bankenrettungsfonds Soffin beantragt werden sollen. „Damit lagern wir rund 30 Milliarden Euro in eine Zweckgesellschaft aus“, sagte der CDU-Politiker. Weitere 57 Milliarden Euro – dazu zählen vor allem Staatsanleihen – sollen im Rahmen der (Bad-Bank-)Variante einer Anstaltslösung ausgelagert werden. Das Bad Bank-Modell sei ein entscheidender Durchbruch zur Stabilisierung der Landesbanken, sagte Linssen. Bayern, Schleswig-Holstein und Hamburg ließen offen, ob sie die Modelle für ihre Landesbanken nutzen. Baden-Württemberg bevorzugt eine landeseigene Lösung. HB

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