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Finanzkrise: Schäuble will Europa überzeugen

Die EU-Finanzminister beraten über die Folgen der Finanzkrise. Deutschland möchte eine Steuer auf Börsenumsätze. Doch eine Einigung wird schwierig.

Brüssel - Dass Handlungsbedarf besteht, ist allen klar. Für die Finanzkrise seien allein die Steuerzahler aufgekommen, sagt die EU-Kommission. Fast zwei Billionen Euro hätten die EU-Staaten zur Rettung der Banken ausgegeben, Geld, dass nun nicht mehr in Bildung oder soziale Sicherungssysteme fließen kann.

Damit sich das nicht wiederholt, beraten die 27 EU-Finanzminister seit Dienstag. Beschlossen wurde, dass vom kommenden Jahreswechsel an drei neue EU-Behörden für Banken, Versicherungen und Finanzmärkte geschaffen werden. „Das ist ein großer Fortschritt“, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Zwei Instrumente zur Beteiligung der Banken stehen weiter zur Debatte – die Bankenabgabe und eine Finanztransaktionssteuer, wie sie zum Beispiel die deutsche Bundeskanzlerin einführen möchte. Am liebsten würden die Politiker eine globale Vereinbarung treffen, um Wettbewerbsnachteile zu vermeiden. Doch auf dem G-20-Gipfel Ende Juni in Toronto ist klar geworden, dass es dafür international keinen Konsens gibt.

Jetzt will Europa allein voranschreiten. Die erste Debatte hat gezeigt, dass Deutschland nicht alleine steht mit dem Wunsch nach einer Steuer auf Börsenumsätze. Schäuble, der bereits mit einem Ertrag von zwei Milliarden Euro für das Jahr 2012 plant, räumte am Dienstag aber ein, dass es schwierig wird, eine Einigung zu erzielen. Zu den Befürwortern gehört seine Pariser Amtskollegin Christine Lagarde. In Frankreich und auch in Belgien haben die nationalen Parlamente schon längst entsprechende Beschlüsse gefasst. Auch Österreichs Finanzminister Josef Pröll und der Kollege aus Polen zeigten sich aufgeschlossen gegenüber einer Steuer, die nicht nur Geld in die Staatskassen spülen, sondern auch kurzfristige, spekulative Geschäfte unattraktiver machen soll. Gegen die Steuer sprachen sich vor allem die Vertreter aus London und Stockholm aus. In Großbritannien ist der Anteil der Finanzindustrie weitaus höher als in den meisten anderen EU-Staaten. Schweden dagegen hat schon Erfahrungen mit einer Börsenumsatzsteuer gemacht – negative. 1984 eingeführt, erlöste sie statt der erwarteten 1,5 Milliarden Kronen nur 50 Millionen. Sie wurde wieder abgeschafft.

Aus deutscher Sicht mehr Erfolg verspricht die Bankenabgabe. Ihre Einführung wurde bereits beim EU-Gipfel im Juni vereinbart. Streit gibt es vor allem noch über die Verwendung des Geldes. Gerade den Briten, die sich traditionell gegen neue Machtbefugnisse und Kompetenzen für Brüssel wehren, passt die Vorstellung, dass die Einnahmen aus der Bankenabgabe in einen gemeinsamen europäischen Krisenfonds fließen könnten, überhaupt nicht. Der zuständige EU-Kommissar Michel Barnier wird nun im Oktober ein europäisches Netz von nationalen Abgabesystemen vorschlagen. Der österreichische Finanzminister berichtete, die Kommission sei angehalten, keinen Zwang für die Einführung einer Bankenabgabe vorzuschreiben und es den Einzelstaaten zu überlassen, wie sie das Geld verwenden. In Deutschland, wo ein entsprechendes Gesetz bereits verabschiedet wurde, fließen die Einnahmen in einen eigenen Fonds.Christopher Ziedler

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