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Finanzkrise: Vor der nächsten Pleite

In den USA steht mit der CIT eine der großen Mittestandsbanken vor dem Aus. Die Kreditausfälle häufen sich.

New York - US-Banken haben in den Jahren vor dem Ausbruch der Finanzkrise mit verlockend niedrigen Zinsen und dem Vertrieb fragwürdiger Finanzprodukte zum Ruin von Millionen amerikanischer Verbraucher beigetragen. Jetzt wird ihnen die Rechnung zugestellt: Die Probleme von Otto Normalverbraucher bringen die Geldhäuser trotz ihrer jüngst ausgewiesenen hohen Quartalsgewinne zunehmend in Bedrängnis. Bank of America und Citigroup, Symbolfiguren des Finanzgewerbes, sind gezwungen, Milliardensummen für mögliche Ausfälle im Kreditgeschäft zurückzustellen. Denn immer mehr Amerikaner können ihre Kreditkarten- und Hypothekenschulden nicht mehr bedienen. Das jüngste Opfer der Krise ist der für die US-Wirtschaft enorm wichtige Mittelstandsfinanzierer CIT.

Am heutigen Montag könnte die Bank Konkurs anmelden, wenn Gespräche mit Anleihenbesitzern über eine Finanzspritze in Höhe von zwei Milliarden Dollar scheitern. Zuvor hatten Verhandlungen über eine kurzfristige Finanzierung mit JP Morgan Chase und Goldman Sachs zu keinem Ergebnis geführt. CIT hat 950 000 Firmenkunden. Der Zusammenbruch dieses Instituts wäre die größte Bankpleite seit dem Kollaps der Genossenschaftsbank Washington Mutual. Die Regierung will der CIT nicht unter die Arme greifen, da die Bank nicht als systemrelevant eingestuft wird.

Diese Einschätzung bestätigen Studien von BNP Paribas, JP Morgan und Unicredit. CIT ist mit Vermögenswerten von rund 76 Milliarden Dollar nur ein Neuntel so groß wie Lehman Brothers. Zum anderen ist die CIT an den internationalen Kapitalmärkten weniger verflochten. Unter den größten Besitzern von CIT-Anleihen tauchen deutsche Banken nach Angaben der Nachrichtenagentur Bloomberg ebenfalls nicht auf. In den USA ist CIT seit 100 Jahren indes als Finanzier für Studenten, Hausbauer, Fluggesellschaften und Handelsunternehmen eine feste Größe. CIT ist ferner einer der Sponsoren der New York City Opera und des Metropolitan Museum of Art.

Ende der vergangenen Woche hatten Bank of America und Citigroup große Gewinne für das zweite Quartal veröffentlicht. Bank of America verdiente, wie berichtet, 3,2 Milliarden Dollar, und bei Citigroup waren es sogar 4,2 Milliarden Dollar. Doch beide Banken verdanken die Ergebnisse einmaligen Veräußerungsgewinnen; operativ erwirtschafteten beide im zweiten Quartal Verluste. Da ein Ende der Wirtschaftsschwäche nicht abzusehen ist, rechnet die Obama-Regierung damit, dass die Arbeitslosenquote bald auf zehn Prozent steigen wird. Im Juni lag die Quote mit 9,5 Prozent auf dem höchsten Stand seit 26 Jahren.

Für viele Banken kann dies bedeuten, dass sie weitere Milliarden zurücklegen müssen, um sich gegen Kreditausfälle zu schützen. Zwar behaupteten Citigroup und Bank of America, ihre Finanzlage hätte sich seit den Erschütterungen des vergangenen Jahres gebessert. Im Unterschied zu Goldman Sachs und JP Morgan Chase hat jedoch keines der beiden Institute die insgesamt fast 100 Milliarden Dollar zurückgezahlt, die ihnen die Regierung als Stützungskredite zugesteckt hatte. Und Bank-of-America-Chef Kenneth Lewis räumte am Wochenende ein, die zweite Jahreshälfte werde schwieriger sein als das erste Halbjahr.

Citigroup-Lenker Vikram Pandit stimmte dem zu. Die New Yorker Bank musste weitere vier Milliarden Dollar in die Reserve für eventuelle Kreditausfälle abführen. Bank of America schätzt, dass ihre Rückstellungen von insgesamt 13,4 Milliarden Dollar momentan reichen. Neben den steigenden Arbeitslosenzahlen sieht sich Bank of America wegen der noch immer unbewältigten Einverleibung des konkursbedrohten Finanzkonzerns Merrill Lynch für 50 Milliarden Dollar vor weiteren Herausforderungen. Lewis wollte den Übernahmevertrag kündigen, weil Merrills Verluste deutlich höher waren als erwartet. Doch die damalige Bush-Regierung soll Lewis mit seiner Entlassung gedroht haben, wenn er die Übernahme blockiere. Bushs Finanzminister Hank Paulson argumentierte jetzt vor dem Kongress, das Scheitern der Merrill-Übernahme hätte möglicherweise eine neue Finanzkrise ausgelöst.

Im Zuge der Finanzkrise haben mehr als 80 Prozent der mit Staatshilfe gestützten US-Banken das Geld nach eigenen Angaben in den Kreditmarkt gepumpt. Zu diesem Ergebnis kommt ein am Sonntag veröffentlichter Bericht des Chefprüfers für das 700 Milliarden Dollar schwere Bankenrettungspaket. Wie in Deutschland wird auch in den USA diskutiert, ob die Banken die Wirtschaft mit genügend Krediten unterstützen. mit HB

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