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Die Direktorin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, tagte mit den Finanzministern der G20 im australischen Crains.

© dpa

Finanzministertreffen in Australien: G20 sagen Steuersündern den Kampf an

Viele gute Absichten: Die G20 setzen auf Investoren und Steuergerechtigkeit. Und plädieren für eine Offenlegung aller Einkünfte ohne Ausnahmen.

Infrastrukturprojekte sollen die schwächelnde Weltwirtschaft nach dem Willen der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) in Gang bringen. Die Finanzminister und Notenbankchefs verabschiedeten am Sonntag im australischen Cairns eine Infrastruktur-Initiative, die vor allem private Investoren locken soll. Die Beschlüsse seien ein wichtiger Baustein zur Stabilisierung der Weltwirtschaft, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte die Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft im Juli von 3,7 auf 3,4 Prozent gesenkt.

Die Minister warnten vor geopolitischen und Finanzmarktrisiken, äußerten Sorge über die Ebola-Krise in Afrika und bekräftigten den rigorosen Kampf gegen Konzerne, die Steuerschlupflöcher ausnutzen. Die Infrastrukturprojekte sollen wie von Schäuble gefordert vor allem privat finanziert werden. „Wir haben uns geeinigt, weg von staatlich finanzierten Wachstumsmaßnahmen zu mehr Privatinvestitionen zu kommen“, meinte Australiens Finanzminister Joe Hockey. Die Initiative sieht etwa mithilfe der Weltbank eine Datenbank vor, die es Privatinvestoren leicht macht, geplante Projekte zu finden.

Schäuble will private Mittel für den Ausbau der Infrastruktur

Schäuble erteilte dem Vorstoß der EU, den Euro-Rettungsfonds ESM für Konjunkturmaßnahmen anzuzapfen, eine klare Absage: „In erster Linie ist der Fonds dafür da, dass er nicht gebraucht wird und Vertrauen schafft“, sagte er in Cairns vor der Weiterreise nach Vietnam. Zum Kampf gegen Konzerne, die Schlupflöcher ausnutzen, sagte Hockey: „Wir haben weitreichende Initiativen gebilligt, um Steuersünder durch automatischen Informationsaustausch aufzuspüren. Wir bitten andere, es uns gleich zu tun.“ Bis 2018 soll das so funktionieren, dass keine große Firma durch Gewinnverlagerungen mehr Steuern umgehen kann.

In der EU hatte es bereits im März einen Durchbruch gegen Steuerhinterzieher gegeben, als Luxemburg und Österreich ihren Widerstand gegen die Zinsbesteuerungsrichtlinie aufgaben. Damit wurde die Bandbreite der Angaben, die Banken den Steuerbehörden im Heimatland ihres Kunden automatisch melden müssen, stark erweitert. Es sind eben nicht mehr nur die Zinsen, die der EU-Richtlinie einst den Namen gaben, sondern auch Dividenden und andere Kapitaleinkünfte. Die EU-Kommission erhielt von den Finanzministern zudem das Mandat, strengere Steuervereinbarungen mit der Schweiz, Andorra, Monaco, San Marino und Liechtenstein auszuhandeln.

Offenlegung ohne Ausnahmen

Und die nächste Verschärfung steht kurz bevor: Auf Drängen Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und dreier weiterer Mitgliedstaaten schlug EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta vor, den Informationsaustausch zwischen den europäischen Behörden so auszudehnen, dass ausnahmslos alle Einkünfte und Kontostände gemeldet werden. Dieses so genannte „EU-FATCA“, das sich das rigorose Vorgehen der US-Amerikaner auf diesem Gebiet zum Vorbild nimmt, soll bald von den europäischen Finanzminister verabschiedet werden. „Wir gehen davon aus“, sagte die Sprecherin von Kommissar Semeta, „dass dies auf der nächsten Sitzung Mitte Oktober geschieht.“

„Da gibt es wirklich große Fortschritte“, sagt auch Sven Giegold, der Steuerexperte der Grünen-Fraktion im Europaparlament, um gleich wieder abzuschwächen: „Das Problem ist, dass nun viele vermögende Privatleute Scheinfirmen gründen, um sich der Unternehmensbesteuerung zu unterwerfen – wo sich bisher eben kaum etwas getan hat.“

Unfaire Vorteile für Google, Amazon und Co.?

Tatsächlich hat sich die EU im Bereich der Unternehmensbesteuerung bisher kaum auf effektive Reformen verständigt. Lediglich eines der Schlupflöcher, mit denen Konzerne Gewinne an Orte mit niedrigem Steuersatz verlagern können, wurde geschlossen. So genannte Hybridanleihen müssen künftig immer am Sitz der Konzernzentrale versteuert werden. Bisher konnten solche Dividendenzahlungen auch über die Tochterfirma versteuert werden, wobei manche EU-Staaten eine solche Besteuerung gar nicht kennen. Die ursprüngliche Absicht der EU-Richtlinie, nämlich eine doppelte Besteuerung zu verhindern, führte damit zu doppelter Nicht-Besteuerung.

Am vielleicht stärksten ist bisher EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia gegen unfaire Steuerpraktiken auf der Unternehmensseite vorgegangen. Er leitete dieses Jahr Untersuchungen gegen Irland, Luxemburg und die Niederlande ein. Es soll geprüft werden, ob sie Google, Amazon & Co. unfaire Steuervorteile gewährt haben – das Ergebnis steht noch aus. (mit dpa)

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