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Finanzsystem: Großbaustelle Bankenregulierung: Was bisher geschah

Mit welchen Reformen die Politik das Finanzsystem krisenfester machen will –  und was sie daran hindert.

Andrew Haldane, Abteilungsleiter bei der Bank of England, erzählte im vergangenen Jahr während einer Rede die Geschichte eines Bankers aus Barcelona im Jahre 1340: Nachdem er pleitegegangen war, wurde der Mann vor seiner Bank öffentlich hingerichtet. Da können die Banker von heute vergleichsweise ruhig schlafen. Manch einer klingt angesichts der bevorstehenden Reformen allerdings so, als stünde der Finanzbranche das Aus bevor. Andersherum beklagen Kritiker, bislang seien die Banken ungeschoren davongekommen. Wir erklären, welche Maßnahmen geplant sind.


BANKEN SOLLEN ZAHLEN

US-Präsident Barack Obama will eine Bankenabgabe für große Institute einführen. Ab einer Bilanzsumme von 35 Milliarden Euro sollen sie 0,15 Prozent an den Staat zahlen. Mit den Einnahmen will Obama die Banken an den Kosten der Krise beteiligen. Das Bundesfinanzministerium soll kürzlich durchgerechnet haben, dass eine solche Abgabe in Deutschland einen einstelligen Milliardenbetrag bringen würde. Das Problem: Hierzulande wären neben der Deutschen Bank und der Allianz vor allem Banken betroffen, die ganz oder teilweise dem Staat gehören, wie die Hypo Real Estate oder die Commerzbank. Auch einige Landesbanken müssten zahlen, sowie genossenschaftliche Zentralinstitute, die keine Staatshilfen in Anspruch genommen haben. „Ich glaube nicht, dass das kommt“, sagt ein Insider.



FINANZTRANSAKTIONSSTEUER

Die Bundeskanzlerin hat sich mehrfach für die Einführung einer internationalen Finanztransaktionssteuer ausgesprochen. Hier würde bei jeder Transaktion am Kapitalmarkt ein bestimmter Prozentsatz an den Staat gehen. Auch das könnte der Steuerkasse Milliarden bringen. Befürworter glauben zudem, dass kurzfristige Spekulationen dadurch unattraktiver würden. Der Internationale Währungsfonds prüft gerade verschiedene Modelle. Mit der Ankündigung der USA, eine eigene Abgabe einzuführen, ist eine weltweite Transaktionssteuer aber unwahrscheinlich geworden. Zwar hat Finanzminister Schäuble angekündigt, die Steuer notfalls nur auf EU-Ebene einführen zu wollen. Der Koalitionspartner ist allerdings noch nicht überzeugt: „Wir sind strikt dagegen“, sagt Frank Schäffler, Obmann der FDP-Fraktion im Finanzausschuss.

VERSICHERUNGSFONDS

Fachleute aus beiden Koalitionsfraktionen befürworten stattdessen eine Bankenabgabe, die in einen Sicherungsfonds fließen soll. „Das löst die Probleme besser“, sagt FDP-Finanzexperte Schäffler. Er schlägt vor, eine Finanzversicherungsanstalt zu gründen, die Gläubiger vor der Schieflage einer Bank schützt. Demnach sollten alle Banken in den Fonds einzahlen – auch Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die bislang ein eigenes Sicherungssystem haben. Die Versicherungsanstalt soll den bisherigen Einlagensicherungsfonds der Banken ersetzen, der ausschließlich die Spareinlagen absichert. Ziel ist es, mit der Abgabe zunächst das Geld wieder hereinzuholen, dass der Staat bisher für die Rettung der Banken ausgegeben hat und durch die erwarteten Abschreibungen beim Sonderstabilitätsfonds Soffin noch verlieren wird. Schäffler schätzt den Betrag auf insgesamt 28 Milliarden Euro. Die weiteren Einnahmen sollen zum Aufbau eines Kapitalstocks dienen, damit der Staat im Notfall höchstens vorübergehend in die Bresche springen muss. Der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Leo Dautzenberg, hatte bereits letzte Woche ein ähnliches Modell vorgestellt. „Wir befürworten eine Sonderabgabe für Banken, die der Finanzsektor bezahlt, nicht nur systemrelevante Banken“, sagte er. Unklar ist noch, wie hoch die Abgabe sein wird. Die Schweden haben bereits einen Sicherungsfonds eingeführt. In Deutschland sind Diskussionen mit den öffentlich-rechtlichen Banken programmiert, die an ihrem eigenen Haftungsverbund festhalten.

NEUE REGELN FÜR BONI

Auch die Bonisteuer, die Großbritannien und Frankreich eingeführt haben, ist zum Teil als Wiedergutmachungsprämie zu verstehen. Hinzu kommt: Der Bonus, den die Banken am Ende eines Jahres als Prämie auszahlen, gilt als Anreiz, kurzfristig Gewinne zu machen und Risiken zu ignorieren. Die 20 wichtigsten Industrienationen (G20) haben darum 2009 beschlossen, dass Boni künftig stärker an langfristigen Zielen orientiert sein sollen. Ein entsprechendes Gesetz soll im Mai in den Bundestag kommen. Einige deutsche Banken und Versicherungen haben die Regeln schon vorweggenommen. Eine Bonisteuer ist hierzulande aber nicht geplant.

EIGENKAPITALUNTERLEGUNG

Einer der wichtigsten Punkte auf der Agenda ist die Ausstattung der Banken mit Eigenkapital. In der Krise hat sich herausgestellt, dass viele Banken zu wenig davon haben, um extreme Markteinbrüche zu verkraften. Der Baseler Ausschuss, in dem die Bankenaufseher aus 27 Ländern vertreten sind, prüft gerade verschiedene Maßnahmen. Zum einen geht es darum, dass die Banken, die Risiken, die sie eingehen, mit mehr Eigenkapital als bisher unterlegen sollen. Diskutiert wird außerdem über die Einführung einer sogenannten Leverage Ratio. Das heißt, dass Banken nur noch begrenzt geliehenes Geld weiterverleihen und anlegen dürfen. Die Amerikaner sind für eine solche Regelung, die Deutschen sind dagegen. Strittig ist auch die Frage, was künftig als Eigenkapital gelten soll. So zählen in Deutschland auch sogenannte stille Anleihen als hartes Eigenkapital, in Amerika nicht. Die Banken haben gegenüber ihren Regierungen ein starkes Argument: Eigenkapital ist teurer als Fremdkapital. Wenn sie künftig mehr davon vorhalten müssen, können sie weniger Kredite vergeben. Professor Martin Faust von der Frankfurt School of Finance sieht noch ein weiteres Problem. Strengere Regeln würden die Renditen der Banken verringern.“ Er fürchtet, dass die Banken dann nach neuen Möglichkeiten suchen , ihre Risiken gering zu rechnen. Hinzu kommt: Damit die Vorschläge, die der Baseler Ausschuss macht, in internationales Recht umgesetzt werden, müssen alle 27 Staaten zustimmen. „Am Ende wird es wahrscheinlich so viele nationale Ermessensspielräume geben, dass die Regeln wieder aufgeweicht werden“, sagt Faust.

AUFSICHT

Regeln sind das eine, ihre Kontrolle eine andere. Bankenexperte Faust sagt: „Wir brauchen eine internationale Aufsicht mit Kompetenzen. Aber es ist nicht absehbar, dass die Nationalstaaten diese abgeben werden.“ Zwar hat die EU gerade eine europäische Bankenaufsichtsbehörde geschaffen, diese darf aber nicht eingreifen, ohne die Regierungen um Erlaubnis zu bitten. Wie hoch die Risiken sind, die die Banken mit Eigenkapital unterlegen müssen, bestimmen sie derzeit selbst mit Hilfe der Ratingagenturen und mit eigenen Bewertungsregeln, die von der Bankenaufsicht abgesegnet werden müssen. In Deutschland wird die Bankenaufsicht künftig allein der Bundesbank unterliegen. FDP-Experte Schäffler fordert: „Aber auch dort brauchen wir besser bezahlte und qualifizierte Leute, die auf Augenhöhe mit den Bankern diskutieren können.“

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