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Wirtschaft: Finger weg von den Ölreserven

Hohe Benzinpreise in den USA liefern den Demokraten eine willkommene Vorlage für den anstehenden PräsidentschaftsWahlkampf. Nach und nach fordern ihre Senatoren die Bush-Regierung auf, endlich „etwas zu tun“.

Hohe Benzinpreise in den USA liefern den Demokraten eine willkommene Vorlage für den anstehenden PräsidentschaftsWahlkampf. Nach und nach fordern ihre Senatoren die Bush-Regierung auf, endlich „etwas zu tun“. So soll das Weiße Haus 0,2 Prozent des strategischen Ölvorrates in den Markt pumpen. Allein, wie dies die Benzinpreise nachhaltig senken sollte, erklären die Demokraten nicht.

Doch was ist eigentlich aus dem Rückgang des Ölpreises auf 22 Dollar pro Barrel geworden, den uns noch vor zehn Monaten so viele versprochen hatten? Er kam nicht zustande, weil die Nachfrage geradezu explodiert ist. Zum einen hat die erstarkte US-Wirtschaft den Bedarf beflügelt. Vor allem aber hat sich China auf den zweiten Platz der Ölkonsumenten vorgeschoben. Niemand weiß, ob die Chinesen tatsächlich so viel Öl verbrauchen oder ob sie sich strategische Reserven zulegen. Sicher ist, dass Chinas Wirtschaftswachstum auch die Nachfrage im übrigen Asien angetrieben hat. Trotzdem haben die Ölexporteure die Förderung nicht hochgefahren. Vor allem dem Ölkartell OPEC war der Dollarkurs nicht hoch genug. Bei Preisen um 28 Dollar pro Barrel gab es Anreiz genug für das Einfrieren der Fördermenge. Dank des Ölpreises hat Saudi Arabien zum ersten Mal seit Jahrzehnten einen Haushaltsüberschuss erwirtschaftet. Zudem ist viel Unsicherheit in den Markt getragen worden. Erst hat der russische Präsident Putin den Ex-Chef des größten Ölkonzerns des Landes verhaften lassen, dann hat er einer anderen Erdöl-Gesellschaft Steuerbetrug vorgeworfen. Als instabil gelten auch die Erdöl-Lieferanten Venezuela, Nigeria und Indonesien. Die Stimmung wurde durch neue Berechnungen des Shell-Konzerns weiter gedämpft, denen zufolge die weltweiten Ölvorräte 20 Prozent geringer ausfallen als angenommen.

Mit ihren 650 Millionen Barrels ist die Versuchung groß, die Staatsreserven für politische Manipulationen zu missbrauchen. Bill Clinton war ihr erlegen, als er den Bestand vor den Wahlen 1996 zur Senkung der Benzinpreise anzapfte. Man kann nur hoffen, dass Bush die Finger von den Vorräten lässt, denn damit löst man die Engpässe des Ölmarktes nicht. Schließlich wurde die Reserve auch nicht dazu geschaffen, die Autofahrer für ein paar Wochen zu entlasten.

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