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Wirtschaft: Fiskus um 450 Millionen Euro geprellt

Betrügerische Firmenhändler sollen massiv Steuern hinterzogen haben. Zwei Männer sitzen in U-Haft.

Frankfurt am Main - Die Ermittlungen stehen zwar noch ganz am Anfang. Aber sicher scheint: Es geht nach Angaben der Ermittler wohl um einen der größten Fälle von Wirtschaftskriminalität in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Zwei der mutmaßlichen Täter, die beim Handel mit Firmenanteilen fast eine halbe Milliarde Steuern hinterzogen haben sollen, sitzen in Frankfurt am Main in Untersuchungshaft. Gegen weitere zehn Personen werde wegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche ermittelt, sagte Alexander Badle, Sprecher der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft am Montag. „Die Ermittlungen stehen aber erst am Anfang und laufen jetzt richtig an.“

Schon am vergangenen Dienstag hatten nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft rund 100 Beamte des Bundeskriminalamts und der Steuerfahndung Büros und Wohnungen in Frankfurt und Umgebung durchsucht. Dabei sollen zahlreiche Unterlagen beschlagnahmt worden sein. Die zwei Hauptbeschuldigten, 51 und 54 Jahre alt, wurden festgenommen und sind seitdem in U-Haft.

Sie sollen dafür verantwortlich sein, dass über eine „Domizilgesellschaft“ Anteile von Firmen angekauft und wieder abgestoßen wurden. Dabei soll Körperschaftssteuer von über 450 Millionen Euro hinterzogen worden sein. Angeblicher Sitz der Gesellschaft sei Zypern gewesen, tatsächlich sind die Geschäfte nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft aber in Frankfurt abgewickelt worden. Die damit in Deutschland verbundene Steuerpflicht sei verschleiert worden. Die Staatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten vor, dass sie trotz der erzielten „erheblichen“ Gewinne keine Steuererklärung abgegeben haben. Die Ermittler halten ihnen deshalb Steuerhinterziehung und Geldwäsche vor.

Details zu den gehandelten Firmenanteilen, Verkäufern und Käufern, zur möglichen Beteiligung von Banken oder zur Nationalität der beiden festgenommenen Männer wollte Badle am Montag nicht nennen. Bekannt ist aber, dass die Generalstaatsanwaltschaft, die Steuerfahndung Frankfurt und das Bundeskriminalamt inzwischen gegen zwölf Beschuldigte im Alter von 38 bis 77 Jahren ermittelt. Die Geschäfte, um die es geht, sollen Gewinne von mindestens einer Milliarde Euro, aber eher mehr, abgeworfen haben.

Damit könnte der Fall das bisher größte Wirtschaftsdelikt, den Umsatzsteuerbetrug mit CO2-Zertifikaten, noch in den Schatten stellen. Dieser war im Frühjahr 2010 ebenfalls in Frankfurt aufgeflogen. Im Dezember vergangenen Jahres hatte das Landgericht Frankfurt sechs Männer aus Großbritannien und Frankreich verurteilt. Dabei hatte das Gericht hohe Haftstrafen von bis zu knapp acht Jahren verhängt. Durch die Betrügereien soll dem deutschen Staat ein Schaden von mindestens 230 Millionen Euro entstanden sein.

Abgeschlossen ist aber auch dieses Thema noch nicht, Ermittler rechnen mit weiteren Anklagen. Insgesamt sind nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft 170 Personen beschuldigt, der Gesamtschaden für den Fiskus könnte sich am Ende auf rund 850 Millionen Euro belaufen. Bei den Ermittlungen war auch die Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt durchsucht worden. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft waren die Betrügereien ohne die Bank nicht möglich, weil sie CO 2-Zertifikate trotz deutlicher Warnungen gekauft hatte.

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