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Wirtschaft: Fit für den Aufschwung

Gute Vorsätze und höhere Kaufkraft treiben die Deutschen in die Sportstudios

Düsseldorf - Schlangen vor der Hantelbank, Staus am Laufband: Gute Vorsätze und besser gefüllte Portemonnaies treiben so viele Deutsche wie lange nicht in die Fitnessstudios – sehr zur Freude der Branche. Zweieinhalb bis dreimal so viele Anmeldungen wie im Dezember verzeichnet der nach Kunden größte Anbieter McFit nach den Feiertagen, sagte Geschäftsführer Rainer Schaller dem Tagesspiegel am Sonntag. „Nach dem Weihnachtsbraten kommen die guten Absichten fürs neue Jahr, und der Winterspeck muss weg.“ Januar und Februar seien die wichtigsten Monate für die Unternehmen, sagt auch Branchenexperte Jörg Hidding.

Doch der jüngste Zulauf ist offenbar nicht nur ein vorübergehendes Phänomen. Im vergangenen Jahr verzeichneten die Studios ab 200 Quadratmeter fast 500 000 Mitglieder mehr als 2006. „Wir hatten 2007 etwa fünf Millionen Mitglieder“, sagte die Präsidentin des Deutschen Sportstudio Verbandes (DSSV), Birgit Schwarze, dieser Zeitung. Der Zuwachs von etwa zehn Prozent ist laut Verbandsstatistik der größte seit sechs Jahren. Die Zeiten rückläufiger Mitgliederzahlen sind damit vorerst vorbei.

Es sind vor allem Ketten wie McFit, die die Deutschen mit Billigtarifen und langen Öffnungszeiten vom Sofa an die Kraftstationen locken. „Der Discountmarkt ist zuletzt unglaublich gewachsen“, sagt Branchenexperte Hidding. McFit steigerte seine Mitgliederzahl zuletzt binnen eines Jahres um ein Drittel auf 560 000 und hat mittlerweile 89 Studios. Und das Wachstum soll weitergehen. „2008 wollen wir bis zu 30 weitere Studios in Deutschland eröffnen“, sagt Geschäftsführer Schaller. „Anfang 2009 beginnen wir dann mit der Expansion in die Nachbarländer.“

Auch der allgemeine Aufschwung helfe der Fitnessbranche sehr, sagt Experte Hidding. Vor allem Studios im höheren Komfortsegment profitieren von der anziehenden Kaufkraft. Die Fitness Company, nach Mitgliedern die Nummer zwei in Deutschland, verzeichnet ebenfalls deutliche Zuwachsraten. Trotz der wachsenden Bedeutung der Billiganbieter erhöhte sich auch der Gesamtbranchenumsatz 2006 um 8,6 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro, Zahlen für 2007 liegen noch nicht vor.

Der von den Discountern besonders in den großen Städten verschärfte Wettbewerb lässt die Fitnessstudios nach neuen Zielgruppen Ausschau halten. Besonders im Fokus der Branche: wohlhabende ältere Kunden. „Der durchschnittliche Studiobesucher ist mittlerweile fast 40 Jahre alt“, sagt DSSV-Präsidentin Schwarze. Die Gruppe der über 55-Jährigen wächst weltweit am schnellsten. „Und die müssen oft nicht mehr so sehr auf jeden Euro gucken“, sagt Unternehmensberater Hidding. Mit Blick auf die alternde Gesellschaft „werden über kurz oder lang alle Anbieter ihre Leistungen auf diese wachsende Gruppe potenzieller Kunden ausrichten müssen“, sagt Branchenexperte Niels Gronau von der Beratungsgesellschaft Deloitte.

Die Invasion der Senioren in den Fitnessstudios bringt manche Änderung beim Angebot mit sich. Laufbänder und Crosstrainer treten zunehmend neben die traditionellen Kraftmaschinen. Das Training verändert sich vielerorts vom reinen Pumpen zur Gesundheitsvorsorge. Neue Geräte messen beispielsweise die Sauerstoffaufnahme und sollen bald gezielt helfen, die EKG-Werte zu verbessern. Auch der Umgang zwischen Trainer und Trainierendem ändert sich mitunter. Das in den Studios lange übliche „Du“ weicht zunehmend dem „Sie“. „Wer 60 oder 70 ist, lässt sich nicht so gern vom Trainer duzen“, sagt DSSV-Chefin Schwarze.

Anders ist das bei einer weiteren Zielgruppe, nach der die Fitnessbranche die Fühler ausstreckt: Kindern und Jugendlichen. In Köln hat mit „The Little Gym“ im vergangenen Herbst die erste ausländische Kette ein Studio nur für Jungen und Mädchen ab vier Monaten eröffnet. „Schon von den ersten Lebensjahren an werden so Beweglichkeit und Wahrnehmung optimal gefördert“, versprechen die Betreiber. Allerdings geht es dabei mehr um Tanzen und Spielen als das Trainieren an den von verschiedenen Herstellern bereits angebotenen Geräten. Die Kurse sollen auch motorische Probleme und Übergewicht beseitigen.

„Der Kinderfitnessmarkt wächst besonders in den USA stetig“, sagt Niels Gronau von Deloitte. „Der Trend scheint jetzt auch Deutschland zu erreichen.“ Noch wichtiger als bei den Großen ist im Kinderfitnessstudio der Spaßfaktor. Kinder haben nämlich noch weniger Lust als Erwachsene, einfach nur einen inneren Schweinehund zu überwinden.

Nils-Viktor Sorge

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