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Fleischskandal: Angst vor Klagen

Nicht einmal Vegetarier können ihr Essen in diesen Tagen unbeschwert genießen.

München - Denn nach dem Fleischskandal um falsch deklarierte Schlachtabfälle sind selbst Weingummi, Wackelpudding oder andere Lebensmittel mit Gelatine in Verdacht geraten. Weil der Großteil der betroffenen Firmennamen in dem bundesweiten Skandal nicht veröffentlicht wurde, bleibt vielen Verbrauchern ein mulmiges Gefühl beim Einkauf im Supermarkt. «Die Verbraucher würden schon gerne wissen, was sie aus dem Kühlschrank aussortieren müssen», kritisierte Christian Fronczak vom Bundesverband der Verbraucherzentralen am Dienstag in Berlin. Der Grund für die Zurückhaltung der Behörden ist vor allem die Angst vor Schadenersatz.

«Die Rechtsanwälte marschieren sofort auf», begründete Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) die Vorsicht. Erst wenn feststehe, in welchem Produkt die Schlachtabfälle gelandet sind, könne die Behörde den Hersteller- und Produktnamen veröffentlichen. In den vergangenen Tagen hatte sich Schnappauf wegen seiner Zurückhaltung massive Kritik von Verbraucherschützern und Bundesverbraucherminister Jürgen Trittin (Grüne) eingehandelt.

Am Dienstag gab Schnappauf erstmals zwei Produktnamen bekannt: In den Produkten «Gelha Hühnerklein» und «Gelha Hühnersuppentopf» der Firma Rottaler Geflügelprodukte aus Niederbayern steckten vermutlich Geflügelabfälle. Für viele Verbraucher dürfte dieser Hinweis zu spät gekommen sein: Sie haben die Suppe schon gegessen. Gesundheitsgefahr besteht bei ihnen zwar laut Behörden nicht. Es bleibt der «Ekelfaktor», wie Schnappauf sagte.

Der Name einer ebenfalls mit verdächtigem Material belieferten Firma in Rheinland-Pfalz, die Gelatine herstellt, blieb aber weiter geheim. Die Veröffentlichung sei Sache der dort Zuständigen, hieß es in München. «Die Behörden sollten sich den Schwarzen Peter nicht gegenseitig in die Schuhe schieben, sondern Ross und Reiter so schnell wie möglich beim Namen nennen», fordert Verbraucherschützer Fronczak.

Aber auch die anderen Bundesländer wollen sich vor der Veröffentlichung der Firmennamen gegen millionenschwere Klagen absichern. Die Erinnerung an den so genannten «Flüssigei-Skandal» in den 80er Jahren ist ihnen bis heute ein abschreckendes Beispiel. Damals musste das Land Baden-Württemberg dem Nudelhersteller Birkel nach einem Vergleich mehr als sechs Millionen Euro Schadenersatz zahlen. Das Stuttgarter Regierungspräsidium hatte im August 1985 neben anderen Nudelprodukten vor verdorbenen Teigwaren aus dem Hause Birkel gewarnt. Das Oberlandesgericht Stuttgart stellte aber klar, dass die Produkte weder gesundheitsschädlich waren noch aus einer Ekel erregenden Produktion stammten. (Von Daniela Wiegmann, dpa)

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