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Wirtschaft: Flexstrom will auch Gas verkaufen

Berliner Energieanbieter könnte der Gasag Konkurrenz machen / Preise für Strom sollen weiter steigen

Berlin - Der Berliner Stromanbieter Flexstrom will in das Geschäft mit Gas einsteigen. Das sagte Geschäftsführer Robert Mundt dem Tagesspiegel am Sonntag. „Unsere Hauptsparte ist Strom, geplant ist aber, dass bald auch Gas dazukommt“, erklärte er. Geht es nach dem Willen der Bundesnetzagentur, können Privatkunden voraussichtlich ab Oktober ihren Gaslieferanten frei wählen. Bisher sind sie an ihren örtlichen Monopolisten gebunden, in Berlin also an die Gasag.

Flexstrom versorgt derzeit 5000 Verbraucher in Berlin mit Strom, bis Ende des Jahres sollen es 7500 werden. Bundesweit hat das Unternehmen 65 000 Kunden. In Zukunft will das Unternehmen auch im Ausland wachsen: In Polen hat Mundt eine Marktstudie in Auftrag gegeben. „Wenn es lukrativ ist, liefern wir Strom auch in osteuropäische Märkte.“ Doch auch in Deutschland setzt Flexstrom auf Expansion: Nach den Testmärkten Berlin und Hamburg soll nun auch in München ein Tarif mit monatlicher Zahlungsweise angeboten werden.

Flexstrom offeriert üblicherweise Strompakete, die für drei oder zwölf Monate im Voraus bezahlt werden müssen. Der Haken: Der Kunde muss seinen voraussichtlichen Verbrauch genau einschätzen können, denn wenn er mehr Strom verbraucht, werden die zusätzlichen Kilowattstunden mit sehr hohen Arbeitspreisen berechnet. Wer hingegen weniger braucht, bekommt kein Geld zurück. Verbraucherschützer hatten deshalb vor Flexstrom gewarnt. Seit Kurzem bietet das Unternehmen in Berlin und Hamburg aber auch Monatstarife an. Etwa 50 Prozent der Berliner Neukunden hätten sich in jüngster Zeit für diesen Tarif mit dem Namen „Berlins Best“ entschieden, sagte Robert Mundt.

Für den Gesamtmarkt erwartet Mundt weiter steigende Strompreise. Flexstrom könne seine Tarife nicht senken. „16,10 Cent für die Kilowattstunde ist für uns die unterste Grenze.“ Auch die Entscheidung der Bundesnetzagentur vom Donnerstag werde daran nichts ändern. Die Behörde hatte die Durchleitungsgebühren beim Netzbetreiber Vattenfall um 18 Prozent gesenkt.

Die Gewinnmargen der neuen Energieanbieter sind nach Angaben von Mundt knapp kalkuliert. Flexstrom erreiche erst mit 200 000 Kunden die kritische Größe, „bis dahin ist der Stromhandel ein Nullsummengeschäft“. Das Unternehmen befindet sich zu 90 Prozent in den Händen von Robert Mundt und seinem Bruder Thomas.

Der ebenfalls in Berlin aktive Konkurrent Nuon, eine Tochter des gleichnamigen Energiekonzerns in den Niederlanden, hat sich in der Preisfrage noch nicht festgelegt. „Eigentlich hatten wir die Entscheidung der Netzagentur schon einkalkuliert, aber wir schauen uns jetzt unsere Endkundenpreise noch mal an“, sagte eine Sprecherin. Anders als Flexstrom bietet Nuon keine Prepaid-Strompakete an, sondern ausschließlich Verträge, die monatlich gekündigt werden können. Die „Lekker-Strom“-Kampagne des Unternehmens soll dem Vernehmen nach 1,4 Millionen Euro gekostet haben. Bisher konnte Nuon in Berlin mehr als 10 000 Kunden gewinnen.

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Ermittlungsverfahren

Flexstrom wurde im Jahr 2003 als Tochter von United Network Industries (Uni) gegründet. Dieses Unternehmen wiederum ist aus der Firma Innoflex hervorgegangen. Innoflex agierte seinerzeit als Vermittler von Telekommunikations- und Energieverträgen. Die Gründer Thomas und Robert Mundt zogen von Berlin aus einen Vertrieb „mit mehr als 35 000 freien Mitarbeitern“ auf, dessen sich später auch Uni bediente. Die Methode funktionierte Berliner Ermittlern zufolge nach dem Schneeballsystem . Demnach verdiente ein geworbener freier Mitarbeiter erst dann richtig Geld, wenn er weitere Vertriebsmitarbeiter warb, die ihrerseits Mitarbeiter und Verträge sammeln mussten. Solche Provisionssysteme sind nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in Deutschland verboten .

Das Ermittlungsverfahren gegen die Brüder Mundt läuft seit nunmehr sechseinhalb Jahren. Das Unternehmen hat sich mittlerweile von der Vertriebstochter getrennt. Der Ausgang des Verfahrens ist offen. Das Landgericht Berlin hat zwar gegen die Brüder und einen dritten Beschuldigten im November 2003 Anklage erhoben, ein Termin für die Hauptverhandlung ist nach Auskunft eines Justizsprechers aber nicht erkennbar. Im Falle einer Verurteilung drohen Haftstrafen von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafen. Tsp

Winfried Konrad

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