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Oft warten neuankommende Flüchtlinge lange auf einen Platz in einem Sprachkurs.

© dpa

Flüchtlingssprachkurse: Mehr Deutsch für Flüchtlinge

Berliner Senat finanziert weitere Sprachkurse. Auch Privatpersonen können helfen.

Frederike Fache wollte helfen. Die Referendarin überlegte beim Anblick der Flüchtlingsbilder, was sie aus eigener Kraft stemmen könnte. „Mir war wichtig, die Hilfe selbst zu leisten, nicht durch irgendeine Geldspende“, sagt die 26-Jährige. Als angehende Lehrerin sei deshalb Unterrichten naheliegend gewesen. Auf der Suche nach einer geeigneten Stelle allerdings habe sie sich ein bisschen verloren gefühlt. Behörden hätten zwar Bedarf an Sprachlehrern, dafür seien aber eine „Unmenge bürokratischer Akte“ nötig. Die freiwillige Hilfe „versandet“, wie Fache ihre Erfahrung schildert.

Integrationsbeamte für jeden Berliner Bezirk

Ein Problem, das der Humanistische Verband Deutschland kennt. „Gerade in Berlin sind die Flüchtlingshilfen sehr dezentral organisiert“, sagt Stefanie Determeyer vom Verband. Die Sprachkurse in Flüchtlingsheimen würden eher „auf Zuruf“ durch gemeinnützige Vereine stattfinden. „Das ist ja prinzipiell auch nicht schlecht. Zivilgesellschaft ist eben Wildwuchs“, sagt Determeyer. Mittel- und langfristig wäre es aber sowohl für Asylsuchende, freiwillige Helfer wie auch für professionelle Anbieter von Sprachkursen einfacher und weniger kräftezehrend, wenn zumindest die Koordination und die Bedarfsermittlung der Sprachkurse zentraler erfolgen würde. Die Betreuung der Flüchtlinge, also auch der Sprachkurse, soll in Berlin nun durch Integrationsbeauftragte bewerkstelligt werden. Dazu wird in jedem Bezirksamt eine entsprechende Stelle geschaffen, die auch für die Verteilung der Sprachschüler zuständig ist.

Regierung ist sich über Zahl der Sprachkurse noch unsicher

Die nötigen Mittel dafür, das hat Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) bereits angekündigt, will der Bund zahlen: Etwa 1,8 bis 3,3 Milliarden Euro mehr sollen im nächsten Jahr für Flüchtlingssprachkurse ausgegeben werden, sagte Christian Westhoff, Pressesprecher des Bundesarbeitsministeriums, auf Anfrage. Über die Zahl der Sprachkurse und den genauen Bedarf an Lehrern könne man nur Mutmaßungen anstellen. Sprachkurse seien wichtig und nötig, aber es sei eben noch nicht abschätzbar, in welchem Rahmen.

Prüfung von Asylanträgen dauert im Durchschnitt drei Jahre

Neu angekommenen Flüchtlingen helfen die zusätzlichen Kurse sowieso nicht: Die Sprachkurse sollen einzig Asylbewilligten zugänglich sein, also Flüchtlingen, die in Deutschland bleiben und arbeiten dürfen. Bis ein Asylantrag allerdings geprüft und schließlich bewilligt ist, dauert es nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BaMF) im Schnitt bis zu drei Jahre. Sprachkurse, die in dieser Überbrückungszeit für Ankömmlinge und Asylbewerber angeboten werden, bezahlt und organisiert das Bundesinnenministerium. Allerdings dürfen an diesen lediglich „Asylbewerber und Geduldete mit guter Bleibeinitiative“ teilnehmen, sagt Harald Neymanns, Sprecher des Bundesinnenministeriums. Bis die Prüfung der einzelnen Antragsteller aber abgeschlossen ist, stehen die Flüchtlinge weiterhin vor dem Problem mit der deutschen Sprache.

Große Hilfsbereitschaft in der Gesellschaft

Das wollte die angehende Lehrerin Frederike Fache lösen. Also wandte sie sich an Itap, einen gemeinnützigen Verein in Friedrichshain. Dort unterrichtet sie Flüchtlinge aus Afrika. „Die Hilfsbereitschaft in der Gesellschaft ist groß“, sagt Michael Weiß, Amtsleiter der Volkshochschule Berlin-Mitte (VHS), wo er sich um Sprach- und Integrationskurse kümmert. Die freiwilligen Helfer seien überall da hilfreich, wo die Behörden nicht schnell genug seien, etwa bei der Erstbetreuung in der neuen Umgebung inklusive sprachlicher Hilfen. Weiß warnt allerdings davor, eine „De-Professionalisierung“ auszurufen. Immerhin habe der Senat bereits reagiert: In den letzten Monaten sei die finanzielle Förderung für Sprach- und Integrationskurse sukzessive auf 1,2 Millionen Euro aufgestockt worden. Die Zahl der Integrationskurse habe sich nahezu verdoppelt und die Kursen seien nun auch für solche Neuankömmlinge offen, deren Status noch offen ist.

Quereinsteiger können an der VHS Sprachkurse geben

Auf freiwilliger Basis unterrichte an der VHS zwar niemand. Vor rund zwei Wochen habe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Zulassungsbedingungen für Sprachlehrer gesenkt, sagt Weiß. So könnten Quereinsteiger wie Germanisten, Journalisten oder ehemalige Lehrer eingesetzt werden. Mit ein bis zwei Wochenendschulungen in Didaktik und Pädagogik und einer Einführung an der VHS wären die dann für die Aufgabe „gewappnet“, meint Weiß.

Janina Schreiber

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