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Die letzte Maschine der Fluggesellschaft Air Berlin wird von der Feuerwehr auf dem Rollfeld mit Wasserfontänen empfangen.

© dpa/ Paul Zinken

Flug AB6210: Air Berlin - die letzte Reise

Nach fast vier Jahrzehnten hat Air Berlin ihren Flugbetrieb eingestellt. Die offiziell letzte Maschine der insolventen Fluggesellschaft landete am Freitagabend aus München kommend in Berlin.

„Macht et jut“: Mit diesen Worten verabschiedet sich die insolvente Fluggsellschaft Air Berlin in einer offiziellen Mitteilung an alle Kunden. Am Freitagabend startet das letzte Flugzeug der Airline von München und soll um 22:40 Uhr auf dem Flughafen Berlin-Tegel landen - tatsächlich kommt es um 0:00 Uhr an

Die Mitarbeiter des Unternehmens, die Air Berliner, beschreiten derweil ihren eigenen, letzten Weg zum Flughafen: Rund 300 Beschäftigte nehmen an einer Abschiedsdemo teil. Startpunkt ist die Firmenzentrale am Saatwinkler Damm.

Passagiere des Fluges AB6210 verlassen das Flugzeug in Berlin-Tegel.
Passagiere des Fluges AB6210 verlassen das Flugzeug in Berlin-Tegel.

© Reuters/Hannibal Hanschke

Sie stehen vor dem roten Backsteingebäude in gelben Warnwesten, auf denen das Air Berlin-Logo auf dem Rücken prangt. Einige halten rote, herzförmige Luftballons in den Händen, zünden Grablichter und Fackeln an, die sie während des Marsches vor sich hertragen. An der Spitze des Abschiedszugs leuchtet ein Pappaufsteller, der eine Flugbegleiterin zeigt und mit Lichterketten umwickelt ist, daneben wird ein zwei Meter großes, aufgeblasenes Gummiflugzeug getragen. „Es waren schöne Jahre mit Air Berlin“, sagt ein ehemaliger Beschäftigter aus der Personalabteilung, der bei dem Umzug mitläuft. 

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Der etwa 30-minütige Gang der Beschäftigten führt über die Autobahn, die von Polizeiwagen gesperrt ist. Vorbeifahrende Autos hupen den Air Berlinern solidarisch zu - es wird mit Johlen und Pfiffen geantwortet. Eine Beschäftigte kommentiert die Geräuschkulisse: „Ein würdiger Abschied. Das sind wir.“

Air-Berlin-Mitarbeiterin Dajana trägt die rot-weiße Air Berlin-Uniform, sie finde „es schön, dass alle zusammen für das Eine stehen“. Krankenwagen- und Taxifahrer steigen aus und winken dem Abschiedszug zu. 

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Während des gesamten Weges wird gesungen: „Eine Straße von Air Berlinern, ja, das ist eine Allee.“ Airport-Operation-Trainer Frank Ahrens erklärt die ausgelassene Stimmung damit, dass die Beschäftigten „endlich die angestaute Wut der letzten Monate rauslassen können“. Einige Air Berliner hätten in dieser Woche ihre Kündigung per Mail erhalten.

Zahlreiche Unterschriften von Crewmitgliedern und Fluggästen am Flugzeug.
Zahlreiche Unterschriften von Crewmitgliedern und Fluggästen am Flugzeug.

© dpa/ Matthias Balk

Ahrens war 15 Jahre in dem Unternehmen beschäftigt und ist „Ausbilder von vielen, die hier heute mitlaufen“. An Aktionen wie dieser erkenne man den Zusammenhalt im Unternehmen, „das gibt es in keinem vergleichbaren Konzern“. Viele seien heute Abend zum Airport gekommen, um Abschied zu nehmen. So auch Flugbegleiterin Alice. Sie trägt ihre Flugbegleiterinnen-Uniform, darüber eine große, rote Schärpe mit dem Schriftzug „Good Bye Air Berlin“. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen ist sie aus Dresden angereist, um auf der Besucherterrasse den letzten Air Berlin-Flug zu begleiten und zu verabschieden. Mit Tränen in den Augen sagt sie: „Ich kann das gar nicht in Worte fassen, ich bin so unfassbar traurig.“

Rund 1.500 Besucher stehen bereits zwei Stunden vor der letzten offiziellen, geplanten Landung auf der Flughafenterrasse. Immer wieder, wenn eines der letzten Air Berlin Flugzeuge startet, erklingen Jubelschreie und lauter Applaus aus den Reihen.

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Ralf Reinicke ist mit seiner Tochter zum Flughafen gekommen, weil sich die beiden sehr mit der Berliner Fluggesellschaft verbunden fühlen. „Wir sind immer mit Air Berlin in den Urlaub geflogen und haben die Freundlichkeit und den Service unglaublich genossen.“ Die neunjährige Tochter Nina bestätigt: „Unser letzter Flug war gerade erst im Sommer mit Air Berlin nach Gran Canaria, da kann ich mich noch sehr gut daran erinnern, der Flug war sehr schön.“

Dorothea Kindler steht ebenfalls in der ersten Reihe auf der Dachterrasse. Ihre Schwiegertochter fliegt als Flugbegleiterin für Air Berlin. „Wenn Air Berlin nicht mehr ist, fehlt auch ein großer Teil von Berlin.“

Alle warten auf das letzte Flugzeug. Auf dem Vorfeld der Landebahn stehen Wagen der Flughafenfeuerwehr. Alle haben ihr Blaulicht angestellt. Einige hundert Air Berliner stehen in Sicherheitswesten daneben, um die Maschine und die letzte Crew in Empfang zu nehmen.

Ein "bittersüßer" Abschied

Das Flugzeug fliegt über die Besucherterrasse. Handys und Fotoapparate werden in die Luft gestreckt, die Köpfe bewegen sich in Richtung des Flugzeugs. Die Maschine absolviert einen Überflug über Tegel Richtung Norden, dreht dann nach Osten ab, um zu landen. Auf der Besucherterrasse ist es still geworden. Der Abschied macht sich auch hier bemerkbar.

Crewmitglieder der Air Berlin lassen sich auf dem Flughafen in München in der Turbine der Maschine von Air Berlin fotografieren, mit der der letzte Flug der Airline durchgeführt wird.
Crewmitglieder der Air Berlin lassen sich auf dem Flughafen in München in der Turbine der Maschine von Air Berlin fotografieren, mit der der letzte Flug der Airline durchgeführt wird.

© dpa/ Matthias Balk

Als Flug AB 6210 über die Landebahn rollt, wird die Maschine mit Feuerwehrsirenen und Wasserfontänen empfangen. Mehrere hundert Air Berliner klatschen, von oben schauen die Besucher gebannt auf die Landebahn. Im Flugzeug nimmt der Pilot David McCaleb mit gemischten Gefühlen Abschied von der Airline: „Bittersüß" sei dem 60-jährigen Amerikaner zumute, „es ist schon komisch, so ein Ende zu erleben." Seit 1977 ist er Pilot, davon 27 Jahre für die Berliner Fluglinie unterwegs. 

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Er richtet einige besondere Abschiedsworte für die letzte Durchsage an die Passagiere: „Dies ist ein sehr emotionaler Moment für mich und meine Crew." Er bedankt sich für alles und wünscht einen schönen und erfolgreichen Weiterflug durch das persönliche Leben.

Gemeinsam mit seinem Kollegen Roland Koch hat er am Freitagabend den Flug AB 6210 von München nach Berlin Tegel gesteuert. Der Airbus A320 war mit 178 Passagieren - darunter auch der langjährige Unternehmenschef Joachim Hunold - und acht Besatzungsmitgliedern ausgebucht.

Ein letztes Mal leuchtet das Kürzel AB auf den großen, digitalen Anzeigetafeln am Flughafen Tegel. Mit einer Durchsage nimmt der Flughafen Berlin Tegel Abschied: „Vielen Dank, Air Berlin.“ (mit Reuters)

Haben Sie den letzten Flug vor Ort am Flughafen Tegel erlebt? Schicken Sie uns Ihre Bilder an: tagesdienst@tagesspiegel.de

Lisa Splanemann

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