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Wirtschaft: Fluggesellschaften greifen Reisebüros im Web an

Die gemeinsame Internetseite der Airlines Opodo bietet den Reisenden günstige Preise – zu günstig, meint die Konkurrenz

Berlin. Früher als erwartet hat sich das Online-Reisebüro Opodo (opportunity to do) im Markt die führende Position ergattert. Erst vor knapp einem Jahr an den Start gegangen, zählte Opodo im Juli nach eigenen Angaben zwei Millionen Besucher auf den Webseiten. „Nur bei der Bahn klicken sich noch mehr Leute ein als bei uns“, sagt Opodo-Deutschlandchef Frank Riecke. Nun sind Interessenten noch keine Käufer. Doch eine Faustregel besagt: Zwischen 0,5 Prozent und zwei Prozent aller Portal-Besucher bringen auch Geld in die Kasse.

Als Online-Flugportal gestartet, bietet Opodo heute neben Flügen von 480 Airlines auch 30 000 Hotels, 750 000 Mietwagen und seit kurzem auch Last-Minute-Pauschalreisen an. Denn immer mehr Leute buchen ihre schönsten Wochen im Jahr erst auf den letzten Drücker. Schon heute legen sich 30 bis 40 Prozent der Deutschen erst vier Wochen vor Reiseantritt fest. Darum hat sich der Online-Reiseservice Mitte Juli mit Europas größtem Last-Minute-Anbieter L’Tur zusammengetan. Von der Partnerschaft verspricht sich auch L’Tur-Vertriebsvorstand Markus Orth ein ordentliches Zubrot. Während die Stimmung in der gesamten Reisebranche im Keller ist, die Umsatzrückgänge teilweise im zweistelligen Prozentbereich liegen, können sich die Online-Reiseportale nicht beklagen. Zwar entfallen bislang nur zwei Prozent des Gesamtumsatzes im deutschen Tourismusmarkt auf Reisebuchungen im Netz. Doch bis 2005, hofft Riecke, werde der Anteil auf zehn bis 14 Prozent steigen. Und noch eine Hoffnung hat Jungmanager Riecke: Das unabhängige Unternehmen bis 2004 mit schwarzen Zahlen an die Börse zu bringen.

Soweit klingt das nach Erfolgsstory, wäre da nicht der Vorwurf der klassischen Reisebüro-Inhaber, die Fluggesellschaften würden ihnen durch Opodo das Wasser abgraben. Denn Opodo wurde von neun europäischen Fluggesellschaften – darunter Air France, Alitalia, British Airways und Lufthansa gegründet. Darum hält auch der Deutsche Reisebüro- und Reiseveranstalterverband (DRV) Opodo nicht für unabhängig.

Für die Airlines ist Opodo zwar nur ein Vertriebsweg von mehreren, aber ein relativ günstiger. Je mehr Flüge über Opodo verkauft werden, umso mehr sparen die Airlines an Provisionen für die klassischen Reisebüros. Und die traditionellen Reisebüros stehen schon heute mit dem Rücken zur Wand. Für die Sommersaison 2002 haben die Reisebüroinhaber nur ein Wort übrig: katastrophal.

Als das Marktforschungsinstitut TNS Emnid dem Online-Tickethändler Opodo im Frühjahr bescheinigte, dass er in 90 Prozent aller Fälle den Durchschnittspreis der Wettbewerber unterbiete, war das für den DRV ein Beleg dafür, dass Opodo von den Airlines zu Billigkonditionen versorgt werde. Eine entsprechende Beschwerde bei der EU-Kommission ließ nicht lange auf sich warten. Die Wettbewerbswächter in Brüssel prüfen zur Zeit den Vorwurf, dass Opodo zu bevorzugten Konditionen, die anderen Anbietern nicht zur Verfügung stehen, von den Airlines bedient wird. Hinweise dafür, sagt DRV-Sprecher Christian Boergen, habe der Verband.

„Wir sind unabhängig“, beteuert Riecke und versichert: „Wir bevorzugen keine Airline. Und keine Airline bevorzugt uns.“ Die Opodo-Angebote lägen nicht unter den Selbstkostenpreisen. „Wir sind so günstig, weil unsere Kostenstruktur überschaubar ist.“ Gegenüber dem klassischen Reisebüro lägen die Kosten rund 25 Prozent tiefer. Dies gebe man an die Kundschaft weiter. Glauben will das Roland Krahn, Chef des Bonner Reiseportals Traveljungle und Vorsitzender des DRV–Expertenkreises Online-Vertrieb nicht. Der Wortführer der Opodo-Kritiker mutmaßt vielmehr, dass Opodo mit günstigen Offerten und Zusatzleistungen wie Meilengutschriften seine marktbeherrschende Stellung ausnutzt. Noch größeren Schaden befürchtet Christian Boergen: „Die Airlines haben mit ihren Flug-Portalen den Weltmarkt bereits unter sich aufgeteilt. Da bleibt nicht mehr viel übrig.“ Doch noch läuft das Gros der Buchungen über die traditionellen Reisevermittler. Allein bei Lufthansa sind das 90 Prozent. Martina Ohm

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