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Wirtschaft: Fluggesellschaften: Lufthansa-Aktie im Sturzflug

Der Aktienkurs der Deutschen Lufthansa hat am Donnerstag seine Talfahrt fortgesetzt, nachdem die Fluggesellschaft am Abend zuvor auf Grund der Anschläge in den USA und der dadurch ausgelösten Krise für die internationale Luftfahrt eine drastische Gewinnwarnung abgegeben hatte. Konzernchef Jürgen Weber schloss einen operativen Verlust in diesem Jahr nicht mehr aus, kündigte aber zugleich zahlreiche Maßnahmen an, um rote Zahlen zu vermeiden.

Der Aktienkurs der Deutschen Lufthansa hat am Donnerstag seine Talfahrt fortgesetzt, nachdem die Fluggesellschaft am Abend zuvor auf Grund der Anschläge in den USA und der dadurch ausgelösten Krise für die internationale Luftfahrt eine drastische Gewinnwarnung abgegeben hatte. Konzernchef Jürgen Weber schloss einen operativen Verlust in diesem Jahr nicht mehr aus, kündigte aber zugleich zahlreiche Maßnahmen an, um rote Zahlen zu vermeiden. Analysten zeigten sich über die Dramatik der Ergebnisprognose etwas überrascht.

Die Aktien der Lufthansa setzen ihre Talfahrt fort und notierten mit minus 13 Prozent auf 9,26 Euro erstmals seit Frühjahr 1995 deutlich unter zehn Euro. Damit büßte der Kurs seit den Anschlägen in den USA rund 40 Prozent und das Unternehmen rein rechnerisch mehr als zwei Milliarden Euro seines Börsenwerts ein.

Unterdessen signalisierten die Lufthansa-Piloten die Bereitschaft zu Zugeständnissen bei dem im Juni 2001 vereinbarten Tarifabschluss, der deutliche stufenweise Gehaltserhöhungen in den nächsten drei Jahren vorsieht. Ein Sprecher der Pilotengewerkschaft Cockpit deutete im Gespräch mit dem Handelsblatt an, man werde sich "in einer wirtschaftlichen Notsituation Gesprächen über tarifliche Fragen nicht verweigern".

Luftfahrtanalysten halten die Warnung des Vorstandes vor einem möglichen Verlust der Lufthansa in diesem Jahr für übertrieben. "Das ist eine taktische Aussage, die auf mögliche Hilfen durch die EU zielt", glaubt Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. Allein im dritten Quartal dürfte die Lufthansa nach seinen Berechnungen rund 300 Millionen Euro verdient haben. Mit den Gewinnen im ersten Halbjahr addiert sich dies auf einen Betrag von rund 400 Millionen Euro. "Das vierte Quartal wird zwar schlecht, aber nicht so schlecht, dass Lufthansa für das ganze Jahr Verluste schreibt." Lufthansa-Chef Jürgen Weber nahm am Donnerstag in Brüssel an einem Krisentreffen europäischer Airline-Manager mit EU-Kommissarin Loyola de Palacio teil.

Die Lufthansa hatte am Mittwochabend nach der Aufsichtsratssitzung mitgeteilt, die bisherige Prognose auf einen Gewinn von 700 bis 750 Millionen Euro lasse sich nicht mehr halten. Eine neue seriöse Schätzung sei angesichts der unklaren wirtschaftlichen und politischen Folgen der Terrorattacken in den USA aber nicht möglich. Weber schließt sogar einen Verlust nicht aus. Zugleich kündigte das Unternehmen drastische Einschnitte an. Die Bestellung von bis zu 15 Airbus 380 und vier Jumbojets mit einem Volumen von etwa fünf Milliarden Dollar wird verschoben, alle Investitionsprojekte überprüft und Strecken in Europa eingestellt. Zusammen mit den bereits gestrichenen Flügen in die USA nimmt die Lufthansa dadurch 20 ihrer derzeit 263 Flugzeuge außer Dienst. Weitere Streckenstreichungen seien nicht ausgeschlossen. Zugleich verfügt die Airline einen Einstellungsstopp. Entlassungen gibt es aber nicht.

Mit der neuerlichen Gewinnwarnung muss die Lufthansa zum zweiten Mal in diesem Jahr ihre Prognose revidieren. Noch im April war Weber von einem operativen Gewinn von einer Milliarde Euro ausgegangen. Nach den Pilotenstreiks und dem teuren Tarifabschluss für die Piloten - beides sorgt in diesem Jahr für Belastungen von rund 200 Millionen Euro - und nach der Konjunkturabschwächung wurde die Prognose im Juli deutlich auf 700 bis 750 Millionen Euro korrigiert.

Und jetzt auf einmal gehört Lufthansa zu den Airlines, die möglicherweise Beihilfen aus Brüssel erhalten. Dabei gilt Vorstandschef Weber als hartnäckiger Kämpfer gegen jegliche Form von Subventionen. Wenn jedoch die US-Airlines von Washington Hilfen von bis zu 15 Milliarden Dollar erhalten, wollen auch die europäischen Airlines dies nicht einfach so hinnehmen. "In dieser Lage kann sich Lufthansa nicht erlauben, außen vor zu bleiben", sagt Pressesprecher Jachnow.

Luftfahrt-Experten wie Jürgen Pieper sehen in der jüngsten Krise aber auch die Chance zur überfälligen Gesundung der Branche. Dass Gesellschaften wie die belgische Sabena immer noch in der Luft sind, hält er für ein Unding. Die Lufthansa wird die anhaltende schlechte Periode nach Überzeugung von Pieper gleichwohl gut überstehen.

Unterdessen muss auch die krisengeschüttelte Schweizer Fluggesellschaft Swissair nach den Terroranschlägen ihren Sanierungsplan überarbeiten. Die Folgen der Angriffe auf das World Trade Center und das Pentagon hätten die Swissair-Group bislang bereits 65 Millionen Franken - umgerechnet 85,7 Millionen Mark - gekostet, teilte der Konzern mit. Hinzu kommt ein erwarteter Passagierrückgang von bis zu 15 Prozent. Die Aktie der Airline stürzte weiter ab.

Konzernleitung und Verwaltungsrat berieten derzeit alle Optionen, die sich positiv auf die finanzielle Situation auswirken könnten, erklärte Unternehmenssprecher Rainer Meier. Der Restrukturierungsplan werde an die neue Entwicklung angepasst und solle im Oktober vom Verwaltungsrat verabschiedet werden. Einzelheiten teilte der Sprecher zunächst nicht mit.

In den vergangenen Tagen war über den Abbau tausender Stellen spekuliert worden. Zudem wurde die Frage einer Bundeshilfe für das finanziell am Abgrund stehende Unternehmen wieder aufgegriffen. Der Bundesrat hat Finanzspritzen an die Swissair bisher abgelehnt.

Nach einer Atempause am Vortag ging es mit dem Kurs der Swissair-Aktie am Donnerstag wieder steil nach unten. Bis gegen Mittag verlor der Titel in Zürich 14,7 Prozent und notierte bei 30,5 Euro.

ro

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