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© Northrop_Grumman

Flugzeugindustrie: Europas Flieger fallen zurück

Die heimische Flugzeugindustrie spielt auf dem weltweiten Rüstungsmarkt nur noch in der Regionalliga.

Berlin - Die Ausschreibung der US-Luftwaffe zum Bau von 179 Tankflugzeugen im Wert von 35 Milliarden Dollar war für Europas Konzerne das vorerst letzte Spiel in der Weltliga der Rüstungsindustrie. Nachdem der US-Flugzeugbauer Northrop Grumman, der amerikanische Partner des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS, seinen Rückzug von der Ausschreibung verkündete, blieb EADS am Dienstag auch nichts anderes mehr übrig, als den Verlust zu bedauern.

Technisch gilt der europäische Lufttanker KC-45, eine Variante des Passagierflugzeuges Airbus A330, als überlegen – aber verhältnismäßig teuer. Vor zwei Jahren hatten EADS und Northrop den Auftrag schon fast gewonnen, was mitten im Präsidentschaftswahlkampf in den USA für öffentliche Empörung sorgte. Der scheidende US-Präsident George W. Bush veranlasste, dass ein neues Ausschreibungsverfahren auf den Weg gebracht wurde. Jetzt dürfte der US-Rivale Boeing mit seinem günstigeren Jet KC-767 zum Zug kommen, einer Variante der ausrangierten Zivilmaschine B767.

Der Rückzug löste am Dienstag in Deutschland und Europa eine Debatte über Protektionismus aus. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) warf der amerikanischen Regierung deutliche Bevorzugung des EADS-Konkurrenten Boeing beim Tankerjet-Deal vor. Der EU-Handelskommissar Karel De Gucht nannte es höchst bedauerlich, dass sich das Konsortium aus Northrop Grumman und EADS nicht imstande sehe, für den Auftrag zu bieten. Ob die Kommission die Welthandelsorganisation WTO in dieser Sache anrufen werde, ließ De Gucht noch offen. Peter Hintze, der Luftfahrtkoordinator der Bundesregierung, forderte die US-Regierung auf, das Ausschreibungsverfahren erneut zu überdenken. Dass es dazu kommt, gilt allerdings als praktisch ausgeschlossen.

Werner Schnappauf, der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), sagte dem Tagesspiegel: „Der BDI verurteilt jede Form von protektionistischen Tendenzen weltweit. Der Freihandel gehört zu den wichtigsten wirtschaftlichen Erfolgsstrategien für deutsche Unternehmen. Exporte machen über 40 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts aus. Insgesamt hängen in Deutschland neun Millionen, also knapp ein Viertel der Arbeitsplätze, vom Außenhandel ab.“ Derzeit weist die Handelsbilanz bei Rüstungsgütern einen deutlichen Vorteil für die US-Seite auf. 2008 exportierten die Amerikaner Wehrmaterial im Wert von fünf Milliarden Dollar und führten aus der EU Güter für 2,2 Milliarden Dollar ein.

Der Verband der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) hegt aber weiter Hoffnung, dass Europäer im weltweiten Rüstungsgeschäft weiter mitspielen: „Die Situation der jüngsten Ausschreibung in den USA ist nicht allgemeingültig, die Bedingungen sind deshalb nicht verallgemeinerbar. Einige große Ausschreibungen, speziell in Indien, sind derzeit offen“, sagte Dietmar Schrick, Hauptgeschäftsführer des BDLI, dieser Zeitung.

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