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Fondsschließung: Deutsche Bank weist Kritik zurück

Die Deutsche Bank hat die umstrittene Schließung ihres offenen Immobilienfonds "Grundbesitz-Invest" verteidigt. Nichtsdestotrotz rollt jetzt womöglich eine Welle von Anleger-Klagen auf das Geldinstitut zu.

Frankfurt/Main - Kritik an Unregelmäßigkeiten wies die Deutsche Bank zurück. Die Finanzaufsicht sei über alle Entwicklungen informiert worden. Die Bank sei «von der grundlegenden Werthaltigkeit» des Fonds weiterhin überzeugt. Anleger, die in den vergangenen zwei Jahren Anteile gekauft hätten, sollen im Fall einer Wertminderung des Immobilienbestands Unterstützung erhalten. Die Bank wolle ihnen «schnell und unbürokratisch helfen», hieß es. Konkrete Maßnahmen wurden allerdings nicht genannt.

Zunächst solle die Neubewertung des Immobilien-Portfolios Anfang Februar abgewartet werden. Bis dahin können Fondsanteile nicht mehr zurückgegeben werden. Die Alternative einer pauschalen Stützung des Immobilienfonds aus Eigenmitteln der Bank scheint damit zunächst vom Tisch zu sein. Andere Banken hatten dieses Mittel zur Abfederung von Verlusten eingesetzt.

Unterdessen rollt möglicherweise eine Klagewelle auf die Deutsche Bank zu. Das erklärte die auf Investorenrecht spezialisierte Kanzlei Tilp in Frankfurt. Mehrere Tausend Anleger könnten sich dagegen zur Wehr setzen. In den Fonds der größten deutschen Bank hatten rund 300 000 Anleger mehr als sechs Milliarden Euro eingezahlt. Die Schließung gilt als einmalig in der deutschen Geschichte. Derartige Fonds galten jahrzehntelang als sichere Anlage. Auch in der Branche wurde das Vorgehen der Bank heftig kritisiert.

Der Verband der deutschen Fondsbranche beobachtet bei anderen offenen Immobilienfonds keine Besonderheiten. «Die Mittelab- und zuflüsse in den vergangenen Tagen bewegen sich vollkommen im Rahmen des Üblichen», sagte Sprecher Andreas Fink vom BVI Bundesverband Investment und Asset Management der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX .

Für die Veröffentlichung genauer Zahlen sei es noch zu früh. «Ein Trend lässt sich ohnehin erst im Januar erkennen», erklärte Fink. «Anleger in Immobilienfonds sind keine Day-Trader, sondern langfristig ausgerichtet.» Entsprechend überlegt reagierten die meisten Investoren auf die vorübergehende Schließung des Fonds der DB Real Estate.

Die Deutsche Bank hatte am Vortag entschieden, dass die Anteile an dem Fonds zunächst weder zurückgegeben noch neue Anteile erworben werden können. Dies gelte so lange, bis das Ergebnis einer Neubewertung des Immobilien-Portfolios Anfang Februar vorliege, wie die Immobiliensparte DB Real Estate mitteilte. Mit dem Schritt sollen alle Anleger gleich behandelt werden, nachdem in den vergangenen Tagen viele ihr Geld bereits abgezogen hatten. Bei anderen Fonds hatten jüngst dagegen die Konzerngesellschaften Geld nachgeschossen, um die Liquidität zu sichern.

Der betroffene Fonds hat vor allem in deutsche Gewerbeimmobilien investiert. Sinkende Büromieten und viele leer stehende Gebäude machen der Branche zu schaffen. Nach den Problemen bei einem Deka- Immobilienfonds 2004 befürchten Branchenexperten eine Massenflucht aus den vermeintlich sicheren offenen Immobilienfonds.

Nach Ansicht der Anwaltskanzlei, die nach eigenen Angaben bereits erste Anfragen von Anlegern erhalten hat, können auch Prospekthaftungsansprüche auf eine komplette Rückabwicklung der Anteilskäufe geltend gemacht werden. So habe der Fonds Zahlungen an Dritte nicht ausreichend dargelegt und das Prospekt auch nicht entsprechend der angespannten Liquiditätslage angepasst.

«Es ist vielen Anlegern vollkommen unverständlich, dass die Deutsche Bank augenscheinlich ihr Firmenimage weiterhin zu Gunsten drastischer Renditevorgaben opfert», sagte Rechtsanwalt Andreas Tilp. Die Tübinger Kanzlei ist bereits im Betrugsfall Phoenix und bei den Klagen von Aktionären gegen die Deutsche Telekom tätig.

Ein Sprecher der DB Real Estate Investment GmbH wollte mögliche Klagen nicht kommentieren. «Es ist noch viel zu früh dafür, wir müssen uns erst einmal anschauen, wie die Schadenersatzansprüche begründet werden», sagte der Sprecher. Die Rechtsabteilung werde dies prüfen.

Deutliche Kritik wurde auch in der Branche laut. «Wie die Deutsche Bank mit der Neubewertung des gesamten Portfolios des Grundbesitz-Invest umgeht, ist sehr ungewöhnlich», sagte Gernot Archner, Geschäftsführer des BIIS Bundesverband der Immobilien-Investment-Sachverständigen, der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX.

Dies sei nicht im Interesse der Anleger. «Das Ganze deutet eher auf eine strategische Entscheidung der Deutschen Bank zur Abwicklung des Fonds hin als auf Probleme im Gesamtmarkt.» Das Problem scheine hausgemacht zu sein, da sich der Markt für Gewerbeimmobilien inzwischen wieder belebe. Die Deutsche Bank scheine den Fonds komplett schließen zu wollen, um sich neu zu positionieren. (tso/dpa)

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