zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Forsche Sprüche und kühles Taktieren der Kandidaten

GENF (hbd/HB)."Alle drei anderen Kandidaten sind für den Job des WTO-Chefs hervorragend geeignet".

GENF (hbd/HB)."Alle drei anderen Kandidaten sind für den Job des WTO-Chefs hervorragend geeignet".Mit dieser für einen Wahlkämpfer in eigener Sache unorthodoxen Aussage verblüffte Mike Moore die Presse.Der um den Chefsessel der Welthandelsorganisation kämpfende Neuseeländer gab sich bei seinem ersten offiziellen Auftritt in Genf diplomatisch.Fast zu diplomatisch: "Klare Konturen waren kaum noch zu erkennen", kritisierte ein Beobachter.Moore, ausgewiesener Handelsstratege und Ex-Premier seines Landes, schlägt vor allem dann leise Töne an, sobald die Sprache auf die weitere Liberalisierung im Bereich der Landwirtschaft kommt.Experten vermuten, Moore wolle es sich nicht schon zum Auftakt seiner Kampagne mit den Europäern verscherzen.Während Brüssel noch ein extrem protektionistisches Agrarregime hat, drängen die Länder der sogenannten Cairns-Gruppe auf einen zügigen Abbau von Handelsschranken im Agrarbereich.Wortführer der Cairns-Gruppe sind Australien und Moores Neuseeland.Einer der Konkurrenten Moores um die Nachfolge des 1999 ausscheidenden WTO-Generaldirektors Renato Ruggiero, der Thailänder Supachai Panitchpakdi, lehnt sich im Gegensatz zu dem Mann aus Wellington entschlossen aus dem Fenster: So lobte Bangkoks Vizepremier und Handelsminister die von Malaysias Regierungschef Mahathir angeordneten Devisenkontrollen als "angemessen und vernünftig" - eine Aussage, die bei Anhängern eines liberalen Weltwirtschaftssystems Stirnrunzeln auslöst.Mit seinen forschen Aussagen versucht Supachai die Delegationen der Asiaten und der Schwellen- und Entwicklungsländer hinter sich zu bringen.Für die Industrieländer hat Supachai ebenfalls eine Ankündigung parat: Er wolle dafür sorgen, daß künftige Handelsgespräche weniger politisiert würden.Ökonomischer Rationalismus solle vielmehr die Richtschnur sein.

Im Vergleich zur Kampagne des Thais nehmen sich die Bemühungen des Marokkaners Hassan Abouyoub, auf den WTO-Chefsessel zu gelangen, eher unspektakulär aus.Der ehemalige Handelsminister hält sich mit Äußerungen bislang zurück und vertraut der Sympathie der anderen afrikanischen Delegationen - und dem Wohlwollen der Franzosen.Roy MacLaren, kanadischer Kandidat für den WTO-Posten, genießt bei den US-Amerikanern Respekt: Er ist einer der Architekten des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (Nafta).Gefallen dürfte den Handelspolitikern in Washington auch MacLarens Forderung, die Transparenz der WTO-Entscheidungsfindung zu verbessern.

Wer dem Italiener Ruggiero nachfolgt, entscheidet der Allgemeine Rat, das höchste WTO-Gremium.Jedes Mitgliedsland hat eine gleichwertige Stimme.Allerdings wird keine formale Wahl angesetzt, vielmehr suchen die Delegationschefs gemäß den Direktiven ihrer Regierungen einen Kandidaten aus.Nach dem Konsensverfahren kann jedes Land einen Kandidaten ablehnen.Das Verfahren wird wohl Wochen dauern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false