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Wirtschaft: Forscher kritisieren Steuerreform

DIW: Mehr Arbeitslose zu befürchten / Unvereinbar mit Maastricht / IW widerspricht BERLIN (dw).Die geplante Steuerreform der Bundesregierung ist nach Auffassung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) nicht geeignet, höheres Wachstum und mehr Beschäftigung in Deutschland auszulösen.

DIW: Mehr Arbeitslose zu befürchten / Unvereinbar mit Maastricht / IW widerspricht BERLIN (dw).Die geplante Steuerreform der Bundesregierung ist nach Auffassung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) nicht geeignet, höheres Wachstum und mehr Beschäftigung in Deutschland auszulösen.Das renommierte Berliner Institut präsentierte am Mittwoch eine Studie, die die Folgen der Steuerreformgesetze von 1998 und 1999 nachrechnet."Die öknomische Bilanz des Reformpaketes fällt ernüchternd aus", bilanzieren die Wirtschaftswissenschaftler.Es sei unmöglich, die Verschuldungskriterien des Maastricht-Vertrages einzuhalten und gleichzeitig mit der Steuerreform die Bürger um 30 Mrd.DM zu entlasten.Wenn die Bundesregierung wegen der Maastricht-Kriterien eine weitere Staatsverschuldung ablehne "ist eine Verschlechterung der Wachstums- und Beschäftigungsperspektiven im Gefolge der Steuerreform unvermeidbar", so die Wissenschaftler wörtlich. Die Analyse des DIW fällt sowohl unter sozialen als auch unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten für das zentrale Reformvorhaben der Bundesregierung vernichtend aus."In der Netto-Betrachtung verfestigt sich der Eindruck,daß die Steuerreform 1998/99 gesetzlich eine Verteilung von unten nach oben bewirkt, wobei vor allem solche Unternehmen profitieren werden, die nur geringe Investitionen vornehmen", heißt es in der Studie.Von einer deutliche Senkung der Steuerlast "kann wohl kaum gesprochen werden".Dienstleistungsunternehmen wie Banken und Versicherungen hätten vergleichsweise höhere Entlastungen zu erwarten, als investitionsintensive Unternehmen. Die Behauptung von Bundesfinanzminister Theo Waigel, die Reform sei gerecht, weil unter dem Strich alle Lohnempfänger entlastet würden, erweist sich in der Betrachtung des DIW als nicht stichhaltig.So werde beispielsweise eine ledige Verkäuferin mit einem Bruttoeinkommen von 29 000 DM zunächst etwas mehr entlastet (um 29,5 Prozent) als ein Chefarzt mit einem Jahresverdienst von 1,5 Mill.DM.(25,8 Prozent).Wenn jedoch wie geplant eine Entfernungspauschale eingeführt und die Bemessungsgrundlage verbreitert wird, werde die Entlastung der Verkäuferin "völlig aufgezehrt: Sie muß in diesem Fall 75 DM mehr an Steuern zahlen, als bisher." Der Kreis der "Verlierer" werde noch erheblich größer, wenn Sonderzuschläge besteuert werden.Dann müßten selbst etwa Gruppenleiter in der Automobilindustrie mit einem Jahreseinkommen von 80 000 DM mehr zahlen als zuvor, heißt es in der DIW-Studie.Da der Höchststeuersatz schon bei einem Einkommen von 90 118 DM greifen soll, würde bereits ein Steuerpflichtiger aus dem mittleren Management denselben Steuersatz zahlen wie ein Einkommensmillionär. Das DIW stellt zudem fest, daß Arbeitnehmer mit ihrer Lohnsteuer 70 Prozent des Steueraufkommens aus Lohn- und Gewinnsteuern finanzieren, aber nur rund 40 Prozent der Entlastungen bekommen sollen.Unternehmen hingegen, die nur rund 30 Prozent beitragen, entfielen Entlastungen in doppelter Höhe.Dabei sei die effektive Steuerbelastung der Unternehmen in den letzten 17 Jahren bereits von etwa 37 auf 25 Prozent gesunken.Die Steuerbelastung der Arbeitnehmer habe sich demgegenüber "eher noch erhöht". Winfried Fuest, Steuerexperte beim arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln, nannte das ökonometrische Rechenmodell des Berliner DIW "verkürzt".Die Wirkung der niedrigeren Grenzsteuersätze auf ausländische Investoren werde unterschätzt.Anders als vom DIW behauptet, würden die niedrigeren Steuersätze auch die Investitionstätigkeit anregen.

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