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Wirtschaft: Forscher warnen vor neuer Jobkrise

Berliner DIW: Erholung auf dem Arbeitsmarkt ist 2007 wieder vorbei / Regierung soll weniger sparen

Berlin - Die leichte Erholung auf dem Arbeitsmarkt könnte Mitte des kommenden Jahres schon wieder zu Ende sein. Das Wirtschaftswachstum sei zu schwach, um für einen nennenswerten Anstieg der Beschäftigung zu sorgen, erklärte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Dienstag in Berlin. Die Experten forderten die Regierung auf, weniger strikt zu sparen. „Ohne die Steuererhöhungen wäre das Wachstum 2007 deutlich höher“, sagte DIW-Konjunkturchef Alfred Steinherr.

Zuletzt war die Arbeitslosigkeit nach den Zahlen der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit dreimal in Folge gesunken. Diese Meldungen seien aber mit Vorsicht zu genießen, hieß es. „Für den Rückgang sind zum großen Teil Sonderprogramme wie die Ausweitung der Ein-Euro-Jobs verantwortlich“, sagte Steinherr. Das DIW erwartet für das gesamte laufende Jahr einen Schnitt von 4,44 Millionen arbeitslosen Menschen, das wäre ein Rückgang im Vergleich zum Vorjahr um 419 000. Im kommenden Jahr werden nach der neuesten DIW-Prognose noch 4,38 Millionen Menschen ohne Stelle sein. „Das Wachstum ist noch nicht stark genug, um die Lage am Arbeitsmarkt zu verbessern“, sagte Steinherr. Mitte 2007 werde die Dynamik bereits wieder abflauen. Bei der für die Solidarkassen wichtigen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung werde es im kommenden Jahr gar kein Plus geben, auch 2006 sei allenfalls ein leichter Aufbau zu erwarten.

Gleichwohl dürfte laut DIW das Wachstum 2006 etwas stärker ausfallen als gedacht. Das Institut erhöhte seine Prognose auf 1,8 Prozent, zuvor waren es 1,5 Prozent. „Das Wachstum steht nun auf einer breiteren Grundlage“, sagte Steinherr. Nachdem die Wirtschaft im vergangenen Jahr vor allem dank des guten Exportgeschäfts zulegen konnte, sei in diesem Jahr die Binnenwirtschaft die stärkste Säule der Konjunktur. „Die Investitionen und die Konsumnachfrage werden rund ein Prozent zum Wachstum beisteuern“, erklärte DIW-Konjunkturexperte Stefan Kooths. Im kommenden Jahr peilen die Ökonomen 1,4 Prozent an. „Ohne die Erhöhung von Mehrwert- und Versicherungsteuer wären es zwei Prozent“, erklärte Steinherr.

Das Institut forderte von der Bundesregierung einen anderen Kurs in der Finanzpolitik. „Wir warnen vor weiteren Steuer- und Abgabenerhöhungen und empfehlen ein geringeres Tempo beim Abbau des Haushaltsdefizits“, hieß es. Bereits in diesem Jahr werde der Anteil der Neuverschuldung an der Wirtschaftsleistung bei 2,7 Prozent liegen, im kommenden Jahr dann bei 1,8 Prozent. „Das ist noch vorsichtig geschätzt“, bekannte Finanzfachmann Dieter Vesper. Um den Arbeitsmarkt in Schwung zu halten, könne der Staat seine Investitionen erhöhen. Mit einem Defizit von etwa 2,5 Prozent würde die Konjunktur weniger belastet, heißt es in der Prognose.

Unterdessen gewinnen die deutschen Exporteure Marktanteile in den neuen EU-Staaten. Die Ausfuhr in diese Länder habe zwischen Januar und Ende März um 27 Prozent über dem Niveau des Vorjahresquartals gelegen, erklärte das Statistische Bundesamt. Vor allem in Polen (plus 33,6 Prozent), Ungarn (plus 26,6 Prozent) und in den baltischen Staaten (plus 46,4 Prozent) waren deutsche Produkte beliebt. Im Schnitt aller Länder stieg der Export um 16,3 Prozent.

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