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Wirtschaft: Forscher warnen vor russischer Energiekrise

DIW erwartet Probleme bei Öl- und Gaslieferungen

Berlin - Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hält eine Krise der russischen Energiepolitik für möglich. „Die hohe Subventionierung des heimischen Energieverbrauchs, mangelnde Investitionen zur Steigerung der Energieförderung und mangelnde Energieeffizienz können dazu führen, dass Russland künftig seine Lieferverpflichtungen, insbesondere nach Europa, nicht mehr einhalten kann“, warnt das DIW in einer Studie, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Zudem könne Russland in der internationalen Klimapolitik immer mehr zum Bremser werden.

Wenn sich nichts ändere, könne das Land weder die eigenen Ziele beim Exporterlös erreichen, noch den Erwartungen des Westens beim Klimaschutz und der Versorgungssicherheit gerecht werden. Nötig seien daher höhere Investitionen sowie Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz, sagte DIW-Energieexpertin Claudia Kemfert. Doch gebe es auch nach den Parlamentswahlen vom Wochenende wenig Signale, dass sich an der russischen Energiepolitik etwas ändere. „Hier weht kein neuer Wind“, sagte Kemfert.

Russland habe seine Energieproduktion in den vergangenen Jahren deutlich gesteigert – nachdem dieser Sektor die wirtschaftlich schwierige Transformationsphase in den 90er Jahren vergleichsweise unbeschadet überstanden habe. Gleichzeitig hätten auch die Energieausfuhren zugelegt (siehe Grafik). So ist die russische Förderation laut DIW der weltweit größte Erdgasexporteur; beim Mineralöl liege das Land auf dem zweiten Platz hinter Saudi-Arabien.

Der Anteil der Energieexporte am gesamten Güterexport liege mittlerweile bei 61 Prozent. Mehr als zwei Drittel der russischen Rohöl- und Erdgasexporte gingen 2005 in die erweiterte Europäische Union. Umgekehrt bezog die EU rund ein Drittel ihrer Öl- und Erdgasimporte aus Russland. „Angesichts der wachsenden Energielastigkeit seines Außenhandels wird Russland auf lange Sicht seine einseitige Strukturpolitik überdenken müssen“, sagte Kemfert. Denn obwohl Russland der zweitgrößte Ölproduzent sei, nehme es bei den bekannten Reserven nur den siebten Rang ein, heißt es in der Studie. Beim derzeitigen Produktionsniveau wären diese in 22 Jahren aufgebraucht. Die Erdgasvorräte hielten noch rund 75 Jahre.

Für Deutschland und Europa könnte dies bedeuten, dass langfristig Engpässe auftreten, sagte Kemfert. Vor allem, da Europa zunehmend mit anderen Abnehmerländern wie China oder Indien um russische Energielieferungen konkurriere.

Aus DIW-Sicht müssten daher dringend mehr Investitionen in den russischen Energiesektor fließen. Gleichzeitig sollte weniger Energie im Inland verbraucht werden – was allerdings durch die noch stark subventionierten inländischen Energiepreise behindert werde. Nach Daten der Internationalen Energieagentur stellt sich die Bilanz der USA in Sachen Energieeffizienz derzeit rund viermal besser dar als die russische.

Das DIW befürchtet weiter, dass der Ausstoß von Klimagasen in Russland aufgrund des starken Wirtschaftswachstums noch zunehmen wird. Erschwerend komme hinzu, dass russische Experten den Klimawandel als für ihr Land günstigen Prozess einstuften. „Es wird künftig wohl wenig Anreize zum Klimaschutz geben“, sagte Kemfert.Juliane Schäuble

Juliane Schäuble

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