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Wirtschaft: Fragen an die Kommission

Der Präsident der neuen Europäischen Kommission, Romano Prodi, hat nun also sein Team benannt. Und es war erfrischend ehrlich, daß er es seine "Regierung" nannte.

Der Präsident der neuen Europäischen Kommission, Romano Prodi, hat nun also sein Team benannt. Und es war erfrischend ehrlich, daß er es seine "Regierung" nannte. Die Europäische Union (EU) mag zwar noch nicht der "Überstaat" euroskeptischer Alpträume sein; sie gewinnt aber zunehmend Macht über viele Aspekte europäischen Lebens. Umso mehr Grund für das gestärkte Europäische Parlament, die nominierten Kommissare bei der Anhörung im September einer genauen Prüfung zu unterziehen. Zur Anregung möchten wir ihnen einige Fragen vorschlagen, die sie den ins Auge gefaßten Kommissaren stellen könnten.Mario Monti (Italien, Wettbewerb): Ihre Vorschläge für eine Steuerharmonisierung während Ihrer Amtszeit als Binnenmarkt-Kommissar lassen vermuten, daß Sie der Meinung sind, Bürokraten verstünden von einer angemessenen Steuerpolitik mehr als die Mitgliedsstaaten selbst. Werden Sie eine ähnliche Brüssel-weiß-es-am-besten-Haltung im Wettbewerbs-Ressort vertreten?Pascal Lamy (Frankreich, Handel): Während Ihrer Amtszeit als Kabinettschef von Jacques Delors wurden Ängste vor einer "Festung Europa" wach. Werden Sie die Interessen der stark protektionistischen Franzosen auf europäischer Ebene vertreten? Oder werden Sie Ihren Einfluß dazu nutzen, Frankreichs Pforten verstärkt dem Wettbewerb zu öffnen?Günter Verheugen (Deutschland, Erweiterung): Die EU hat eine historische Chance verpaßt, als sie es nach dem Zusammenbruch des Kommunismus nicht schaffte, die zentral- und osteuropäischen Länder einzugliedern. Werden Sie sicherstellen, daß die fünf Kandidaten der nächsten Runde auch wirklich auf dem Programm stehen?Franz Fischer (Österreich, Landwirtschaft und Fischerei): Sie waren in den letzten fünf Jahren für die beiden teuersten und verschwenderischsten Bereiche zuständig und haben nicht eine einzige ernsthafte Reform zustande gebracht. Haben Sie vor, diesmal mehr als ein Erfüllungsgehilfe zu sein? Sind Sie bereit, notfalls die Regierungen der Mitgliedsstaaten offen zu kritisieren?Anna Diamantopoulou (Griechenland, Beschäftigung und Soziales): Unter dem scheidenden Kommissar Padraig Flynn war der Bereich, für den Sie nominiert sind, für einige schreckliche Regulierungen verantwortlich. Drakonisch waren zum Beispiel die Versuche, die Gleichheit am Arbeitsplatz dadurch sicherzustellen, daß - im Gegensatz zum Common Law - Arbeitgeber, die der sexuellen Diskriminierung beschuldigt werden, eine Schuldvermutung trifft. Werden Sie hoffentlich verstehen, daß die Arbeitnehmer am meisten von einer blühenden Wirtschaft profitieren und nicht von Maßnahmen zum Arbeitnehmerschutz?Margot Wallstrom (Schweden, Umwelt): Ihre Vorgängerin Ritt Bjerregaard hat versucht, die Verantwortung für die Entsorgung von Produkten den Herstellern aufzubürden. Im Falle der Altautos würde das einen gut funktionierenden Recyclingmarkt ruinieren. Glauben Sie, daß strengere Umweltbestimmungen um jeden Preis gerechtfertigt sind?Philippe Busquin (Belgien, Forschung): Skandalös war während der Amtszeit Ihrer Vorgängerin Edith Cresson weniger die Vetternwirtschaft bei der Vergabe von Forschungsaufträgen, sondern deren völlige Sinnlosigkeit. Werden Sie Ihren Teil zur Reform der EU beitragen, indem Sie vorschlagen, daß das Ressort, für das Sie nominiert sind, abgeschafft wird?Sicher können die Mitglieder des Europäischen Parlaments mit weiteren Fragen an die Kommissare herantreten. Ihre Bereitschaft, Fragen aufzuwerfen, wird ein guter Indikator dafür sein, ob in den nächsten fünf Jahren in den Brüsseler Institutionen mit mehr Verantwortlichkeit zu rechnen ist.

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