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Frankreichs Energiebranche: Gaskonzern GDF soll Suez schlucken

Frankreich will nach der Verschmelzung des Gaskonzerns GDF mit Suez eine staatliche Aufsicht über den künftigen Energieriesen behalten. Der Staatsanteil werde durchgerechnet "leicht unter 40 Prozent liegen", sagte Wirtschaftsminister Thierry Breton

Paris - Direkt sichert sich Paris mit 34 bis 35 Prozent die Sperrminorität. Die Fusion soll im zweiten Halbjahr 2006 über die Bühne gehen. Der Fusionsplan hat in Italien für heftige politische Verstimmung gesorgt. Der Energiekonzern ENEL, an dem Rom ein Fünftel hält, wollte Suez übernehmen und zerschlagen, um sich dessen belgische Stromtochter einzuverleiben. Das Pariser Außenministerium erklärte am Montag: "Alles, was die französische Industrie stärkt, nützt ganz Europa." Der französische EU-Verkehrskommissar sagte jedoch, die Schaffung eines "nationalen Champions" widerspreche dem Ziel, "europäische Champions" zu bauen. Die EU-Kommission will vor einer Bewertung die Anmeldung der Fusion abwarten.

Technisch soll der Staatskonzern Gaz de France (GDF) in der zweiten Jahreshälfte den mehr als doppelt so großen privaten Konzern Suez übernehmen. Dies soll über einen 1:1-Aktientausch erfolgen. Zuvor wird Suez seinen Aktionären eine Sonderdividende von 1,25 Milliarden Euro ausschütten, so dass dies wertmäßig vertretbar wird. Faktisch wird der Weltkonzern Suez den sehr auf Frankreich konzentrierten Gasversorger GDF integrieren. Konzernchef dürfte Suez-Chef Gérard Mestrallet (56) werden, der früher im Schatzamt und im Wirtschaftsministerium gearbeitet hat.

Beide Konzerne versprachen am Montag aus der Fusion 500 Millionen Euro Synergiegewinne. Diese sollen aus der stärkeren Marktmacht geschöpft werden, ohne dass Arbeitsplätze verloren gehen. Der Gesamtkonzern kommt mit 64 Milliarden Euro auf ein Siebtel mehr Umsatz als der Energiebranchenprimus E.ON und wäre auch mit einer Marktkapitalisierung von 72 Milliarden Euro die Nummer eins. Vor einer Fusion muss jedoch das Gesetz zur GDF-Börseneinführung geändert werden, dass eine Staatsbeteiligung von mindestens 70 Prozent an GDF zwingend vorschreibt. Dies soll bis zur Jahresmitte geschehen.

Mit der Fusion entstünde ein Riesenkonzern

Suez ist der weltweit zweitgrößte Wasserversorger sowie der fünftgrößte Stromkonzern und sechstgrößte Gasanbieter Europas. Der Konzern erzielt mit 160.700 Mitarbeitern 40,7 Milliarden Euro Umsatz (davon Energie: 29,3 Mrd.). Knapp drei Viertel des Kapitals ist über die Börse gestreut. GDF ist der zweitgrößte Gasversorger Europas und kommt mit 38.250 Mitarbeitern auf 18,1 Milliarden Euro Umsatz.

Die Fusionspläne stoßen bei Analysten auf breite Zustimmung, weil sich beide Konzerne geschäftlich ergänzen und nicht überschneiden. Die Gewerkschaften befürchten dagegen eine Privatisierung der GDF sowie eine Schwächung des Staatskonzerns EDF durch den neuen Konkurrenten und kündigten ihren Widerstand an. Schon seit Tagen spekuliert die Börse auf den Zusammenschluss. Beide Aktien haben seit Jahresbeginn knapp ein Viertel gewonnen. Nach der Bekanntgabe der Tauschbedingungen glichen sich die Kurse am Montag an, was zu einem Rückgang der Suez-Aktie um 5,6 Prozent führte.

Mit der Fusion schafft Frankreich einen weiteren Großkonzern, der die Energiesicherheit des Landes gewährleisten und vor einer Übernahme durch ausländische Konzerne sicher sein soll. Zuvor hatte Breton bereits die Privatisierung des weltgrößten Atomtechnikkonzerns Areva gestoppt, um einen Verkauf ins Ausland zu verhindern. Der weltgrößte AKW-Betreiber EDF bleibt mehrheitlich in Staatshand und soll mittelfristig 20 Milliarden Euro in den Ausbau seiner Position im Ausland investieren. Total soll Frankreich den Zugang zu Öl- und Gasquellen weltweit sichern. Mit GDF/Suez glaubt Paris, bei Flüssiggas die Nase vorn zu haben. Weil Flussiggas nicht durch Leitungen gepumpt wird, ist der Transport weniger durch politische Wirren oder Terroranschläge gefährdet als Erdgas. (tso/dpa)

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