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Wirtschaft: Frankreichs FiaskoVaters Sorgen

Die französische Regierung gab am vorletzten Freitag ihre Pläne bekannt, die 35-Stunden-Woche für ihre, wie sie es nennt, „Sozialpartner“, die Gewerkschaften und die Arbeitgeber, aufzulockern. Die Gewerkschaften aber reagierten höchst „unsozial“ und sagten der geplanten Gesetzesänderung den Kampf an.

Die französische Regierung gab am vorletzten Freitag ihre Pläne bekannt, die 35-Stunden-Woche für ihre, wie sie es nennt, „Sozialpartner“, die Gewerkschaften und die Arbeitgeber, aufzulockern. Die Gewerkschaften aber reagierten höchst „unsozial“ und sagten der geplanten Gesetzesänderung den Kampf an. Da sie auf jede vorgeschlagene Änderung so reagiert hätten, hätte die Regierung das kostspielige Gesetz auch gleich ganz aufheben können.

Die angekündigten Änderungen sind durchaus nicht geringfügig. Die Anzahl der Überstunden, die legal geleistet werden können, soll von 130 auf 180 Stunden im Jahr angehoben werden. Wenn man davon sechs Wochen Urlaub abzieht, dann ist man wieder bei einer 39-Stunden-Woche, wie vor der Einführung der 35-Stunden-Woche durch die Sozialisten.

Für diese war das Gesetz zur 35-Stunden-Woche ein Fiasko: Ihre Stammwähler in der Arbeiterklasse haben gemerkt, dass ihnen das Recht genommen wurde, Überstunden zu machen, um finanziell über die Runden zu kommen. Die Linke hat nicht nur die Präsidentschaft und die Mehrheit im Parlament verloren. Arbeitsministerin Martine Aubry, deren geistiges Kind das Gesetz war, schaffte es nicht, in die Nationalversammlung wiedergewählt zu werden, obwohl sie in Lille kandidierte, einer der ganz roten Städte in Europa.

Es zeichnet sich mehr und mehr ab, dass es in Europa im Laufe dieses und auch des nächsten Jahres kein schnelles Wirtschaftswachstum geben wird. Premierminister Jean-Pierre Raffarin hat am vorletzten Freitag diese Realität anerkannt, als er in Straßburg erklärte, dass das Wachstum 2003 weniger als jene drei Prozent betragen werde, die die Regierung vorhergesagt hatte.

Die Regierung steht unter Druck von allen Seiten, in Brüssel und anderswo. Sie soll die versprochenen Steuersenkungen absagen, um ein Haushaltsdefizit zu verhindern.

Wenn sie sich dem beugt, kann sie sichergehen, eine wirkliche Rezession zu erleben und soziale Unzufriedenheit zu erzeugen. Wachstum kann nur durch Steuersenkungen und eine Lockerung der Arbeitsmärkte erzielt werden. Den Hemmschuh der 35-Stunden-Woche komplett loszuwerden, wäre ein guter Anfang.

In dem amerikanischen Jugendfilm-Klassiker „A tree grows in Brooklyn“ leiht sich ein liebenswerter Vater vom falschen Ende der Stadt eine Adresse in einem besseren Viertel, damit seine Tochter Francie auf eine gute Schule gehen kann. In den heutigen USA, in denen Schule ein heißes Thema ist, hat das Leben die Kunst imitiert. Ein Vater aus Vermont, der genau das tat, muss mit einer Höchststrafe von 32 Jahren Gefängnis rechnen. Kenneth Levine gibt zu, ein Zimmer und ein Postfach in Castleton in Vermont gemietet zu haben, damit seine Töchter den Abschluss in der Castleton Village School machen konnten. Jetzt wird er unter anderem mit Betrug in vier Fällen belangt. Levines Erklärung ist, dass er die Schikanierung seiner Töchter befürchtet hatte, wenn sie zu der Schule gegangen wären, zu der sie hätten gehen sollen. Sein Sohn war von der Schule verwiesen worden, nachdem er drei Messer in den Unterricht gebracht (aber nicht benutzt) hatte). Nach Zeitungsberichten haben einige seiner Mitschüler angedroht, dass sie seine Schwestern „kriegen" würden, wenn sie dorthin kämen. Der Schulleiter reagierte nicht auf Hinweise, aber die Schule hat einen schlechten Ruf. Es gab einen weithin bekannt gewordenen Fall von Terrorisierung eines Schülers, und ein anderer wurde der Schule verwiesen, weil er eine halbautomatische Pistole in den Unterricht brachte. Hier soll nicht Betrug gerechtfertigt werden, auch nicht das Verhalten, Messer in den Unterricht mitzubringen. Aber die Levines hatten legitime Gründe, sich um die Sicherheit ihrer Kinder zu sorgen, und es ist bemerkenswert, dass Levine den Wohnsitz in Castleton erst meldete, als seine Bitte, seine Töchter woanders einzuschulen, vom Bezirk abgelehnt wurde. Wenn Levine, selber ein Lehrer, das Geld gehabt hätte, die Einschreibegebühren in Castleton zu bezahlen, hätte es kein Problem gegeben. Aber der Hauptpunkt bei der Auswahl der Schule ist heutzutage, dass man es sich leisten können muss. Es ist ein hervorstechendes Merkmal des Problems, dass außer der Lehrergewerkschaft alle glücklicher wären, wenn staatliche Schulen mehr an den Bedürfnissen von Eltern und Kindern interessiert wären, als an der Durchsetzung ihrer Monopolstellung. Es gibt sicherlich einen Gesetzesverstoß in Vermont, aber sicher nicht der von Kenneth Levine.

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