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Freihandelsabkommen: Was sich Berliner Firmen durch TTIP erhoffen

Berliner Firmen, die in den USA Geschäfte machen, hoffen auf vereinfachte Zulassungs- und Zollverfahren durch das Freihandelsabkommen TTIP. Angst vor haben sie nicht.

Weniger Ärger mit Zoll und Bürokratie, bessere Geschäfte – das erwarten deutsche Firmen vom Freihandelsabkommen TTIP. Gerade mittelständische, hochgradig spezialisierte Unternehmen wollen vom erleichterten Zugang zum US-Markt profitieren – zum Beispiel der Berliner Messgerätehersteller Schmidt+Haensch. „Wir erfüllen regelmäßig sämtliche deutschen und europäischen Regularien – auf dem US-Markt müssen Zertifikate dennoch neu beantragt werden“, sagt Geschäftsführer Mathis Kuchejda. Er leitet den seit 1864 bestehenden Familienbetrieb in der fünften Generation. Die Zulassung eines Gerätes kostet oft mehrere tausend Dollar – Kosten, die am Ende beim Käufer landen. „Doppelte Zertifizierung ist überflüssig und reine Geldschneiderei“, klagt Kuchejda. Abgesehen davon, dass sie mitunter unsinnig sei.

Zusammen mit anderen Firmen aus der Bio- und Labortechnik-Branche will Kuchejda deshalb Kontakt zur Bundesregierung aufnehmen. „Wir versuchen, da Sachkompetenz hineinzubekommen.“ Die Politik solle sich öffnen und die Verhandlungen nicht hinter verschlossenen Türen führen, findet er.

Sinkende Standards und Konkurrenzdruck fürchtet Kuchejda nicht

Dass die Konkurrenz durch das Freihandelsabkommen wachsen könnte, sieht Kuchejda gelassen. Gerade die hohen Standards und die Qualität der deutschen Produkte überzeugten Kunden weltweit. „Wir können nur wettbewerbsfähiger werden, da die Verteuerungen durch die Auflagen wegfallen. Dass die Standards sinken, glaube ich nicht.“ Würden beide Wirtschaftsblöcke ihre Standards wechselseitig anerkennen, würden die Produkte eben einen europäischen und einen amerikanischen Zulassungsstempel tragen. „Der Nutzer muss sich dann immer noch anschauen, ob ihm die Qualität reicht“, sagt Kuchejda.

Auch die Berliner Seilfabrik, Marktführer für Seilspielgeräte, erhofft sich durch TTIP einen Wachstumsschub. Sie verkauft bereits heute 50 Prozent ihrer in Reinickendorf gefertigten Anlagen auf dem US-Markt. Ähnlich geht es dem Speicherhersteller BAE-Batterien aus Treptow, er spekuliert bereits auf unkompliziertere Geschäfte jenseits des Atlantiks. Seit 15 Jahren ist das Unternehmen dort aktiv.

Wirtschaftsexperten prognostizieren, dass das Freihandelsabkommen mehr Wachstum und Arbeitsplätze schafft. Gabriel Felbermayer, Außenwirtschafts-Forscher vom Münchner Ifo-Institut, rechnet langfristig mit einem Gewinn von 1000 Euro pro Person in Europa. Dies werde sich in einem Zeitraum von zehn bis 15 Jahren entwickeln. Das bedeutete ein zusätzliches Wachstum von drei bis vier Prozent. Die EU-Kommission spricht von einem Wohlstandsgewinn von 545 Euro für einen Vierpersonenhaushalt pro Jahr.

Es wird auch Verlierer geben - und kurzfristig mehr Arbeitslosigkeit

Allerdings: Derlei Prognosen gaukeln vor, dass sich die Effekte exakt berechnen lassen. Das ist aber nicht der Fall, es geht nur um ungefähre Werte. Und selbst die sind Durchschnittsbetrachtungen – wie sich das Plus am Ende verteilt, ist unklar.

Daran erinnert auch IfW-Handelsexperte Holger Görg. „Es wird Gewinner und Verlierer geben“, warnt er. Ineffiziente Unternehmen, sogar ganze Industriezweige in Europa könnten unter der stärkeren Konkurrenz leiden. Möglich sei daher auch ein Anstieg der Arbeitslosigkeit. „Die Regierungen müssen sich in den Verhandlungen die Möglichkeit offenhalten, auf solche Schwankungen reagieren zu können“, rät er. Generell seien Freihandelsabkommen aber wachstumsfördernd, das zeige die Erfahrung mit früheren Abkommen.

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