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Wirtschaft: Freude und Spott in Italien

Halbfinale und Gipfel in den Zeitungen.

Berlin - Die Stimmung in den Redaktionen der italienischen Tageszeitungen muss Donnerstagabend sehr heiter gewesen sein. Die zwei Hauptthemen auf den ersten Seiten waren natürlich Italiens Sieg im Halbfinale über Deutschland und die ersten Ergebnisse des Euro-Gipfels in Brüssel. Hätten die Redaktionen bis zum frühen Morgen gewartet, wäre die Heiterkeit wahrscheinlich noch größer gewesen. „Italien-Deutschland zwei zu eins, Merkel-Monti null zu null“, titelte zum Beispiel die junge Tageszeitung „Il Fatto Quotidiano“, als es noch unklar war, ob Angela Merkel Mario Montis Vorschlag annehmen würde, den Rettungsfonds ESM wie eine Bank operieren zu lassen.

Die Wirtschaftszeitung „Il Sole 24 Ore“ konnte schon in die Zukunft blicken und stellte die Fotos der drei Super-Marios – Nationalstürmer Mario Balotelli, Premierminister Mario Monti und EZB- Präsident Mario Draghi – nebeneinander mit dem Titel „Tor oder Zinsspanne: Italien hofft auf den Mario- Faktor“. Nach einem Hintergrundbericht des Mailänder Wirtschaftsblatts war die Mitarbeit der zwei Marios ohne Trikot (Monti und Draghi) ausschlaggebend um Deutschland zu überzeugen, dass der Stabilitätsfonds eine aktive Rolle bei der Refinanzierung der Krisenländer übernehmen soll. „Man darf aber nicht den Euro-Gipfel wie die EM als Wettbewerb betrachten“, warnt im Leitartikel der Kolumnist Fabrizio Galimberti. „Denn beim Euro-Gipfel darf es keine Gewinner und Verlierer geben.“

Diese Botschaft scheint bei den zwei Tageszeitungen, die am nächsten zu Berlusconis Partei Volk der Freiheit stehen, nicht angekommen zu sein. „Ciao ciao culona“, auf Deutsch „Tschüss Fettärschige“ titelt zum Beispiel „Il Giornale“ mit einer Anspielung auf Berlusconis wenig charmante Bezeichnung für Angela Merkel. Der direkteste Konkurrent von „Il Giornale“ im rechten Lager, „Libero“, wollte nicht die Palme der Geschmacklosigkeit abgeben: „Vaffanmerkel“ lautet die Schlagzeile, die den Namen der Kanzlerin mit einem derben Schimpfwort kombiniert, das so gut wie „verpiss dich“ bedeutet. Das Bild dazu zeigt Balotelli, der einen Ball mit Merkels Gesicht tritt.

Das Traditionsblatt „Corriere della Sera“ grub sogar einen Beitrag des heutigen Premiers Monti über den Sieg Italiens in der WM 1982 aus. Monti, damals Professor in Turin, schrieb, dass Italien nur dann in die Gänge kommt, „wenn sich das Land in großer Not befindet“. Zum Schluss erlaubte er sich auch ein raffiniertes Wortspiel: „Unser Problem sind immer die Elfmeterschüsse.“ Im Italienischen bedeutet das Wort „rigore“ sowohl Elfmeter als auch Strenge. Fabio Ghelli

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