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Faule Früchte. Das schlechte Wetter hat die Kirscherträge hierzulande in diesem Jahr deutlich reduziert.

© Daniel Karmann/dpa

Frost, Regen, Sturm in Brandenburg: Wetter verhagelt Bauern die Ernte

Brandenburgs Landwirte leiden unter den widrigen Witterungsbedingungen in diesem Jahr. Die Kirschernte ist besonders betroffen.

Bäume ohne Sauerkirschen, Äpfel mit Rissen, Löchern und Dellen: Es ist ein trauriger Anblick, der sich derzeit auf den Wiesen von Cathleen Wollanik bietet. Wie viele andere Landwirte in Deutschland und in Brandenburg rechnet auch die Geschäftsführerin des Obstgutes Müller in Wesendahl nordöstlich von Berlin aufgrund der Witterungsbedingungen in diesem Jahre mit großen Ernteeinbußen. Am schlimmsten habe es die Kirschen getroffen, sagt Wollanik, die den von ihrem Großvater gegründeten Obsthof seit zehn Jahren leitet. Ein großer Teil der Kirschblüte sei beim plötzlichen Kälteeinbruch Ende April erfroren, sagt die Landwirtin. 80 Prozent der Ernte seien dahin. „Wenn man das sieht, macht man sich schon Sorgen und fragt sich, wie man über die Runden kommt“, sagt Wollanik. Zum Glück seien die Kirschen mit etwa einem Hektar Anbaufläche nicht das Kerngeschäft auf dem Obsthof. Die Hoffnungen des Betriebs ruhen nun den 20 Hektar, die dem Apfelanbau gewidmet sind.

Manche Landwirte können in diesem Jahr gar keine Früchte ernten

Die Wollaniks sind vergleichsweise glimpflich davongekommen. Andere Bauern im Land können in diesem Jahr gar keine Kirschen ernten, wie das Statistische Landesamt mitteilt: 2017 kommen nur rund 630 Tonnen Sauer- und Süßkirschen auf den Markt – 96 Prozent weniger als im Spitzenerntejahr 1992. Gemessen an der Anbaufläche stellen Süßkirschen im Land Brandenburg mit rund 380 Hektar Anbaufläche die zweitwichtigste Obstart nach Äpfeln dar. Angebaut werden die Früchte vor allem im Landkreis Potsdam-Mittelmark. Auch bei den Äpfeln, deren Ernte Anfang September ansteht, dürften die Erträge in diesem Jahr laut Experten aufgrund von Frostschäden deutlich geringer ausfallen. Allerdings konnten einige Obstbauern einen großen Teil ihrer Ernte durch den Einsatz von Technik retten. Sie haben wie die Wollaniks ihre Bäume mit vollautomatischen Beregnungsanlagen geschützt, als es im April plötzlich bitterkalt wurde. Sinkt die Außentemperatur unter Null, springen die Systeme auf der Wiese an und überziehen die Bäume mit einer feinen Eisschicht, die die Pflanzen vor größeren Schäden schützt. Nach dem überstandenen Kälteeinbruch konnten die meisten Äpfel auf Wollaniks Wiesen über viele Wochen wachsen und gedeihen. Gegen den Hagel und den Starkregen, der vor einigen Tagen auf Berlin und Brandenburg niederprasselte, waren die Bauern dagegen machtlos. Viele Äpfel hätten nun unschöne Macken und könnten nur noch zu Saft oder Most verarbeitet werden, sagt Wollanik.

Sturm, Hagel und ein Tornado fegten über Brandenburg

Neben dem Obst hat in diesem Jahr auch das in der Region angebaute Getreide zeitweise unter schlechten Witterungsbedingungen gelitten. In den vergangenen 14 Tagen waren die Kornfelder rund um Berlin Sturm, Hagel, Regen mit teilweise bis zu 200 Litern Niederschlag pro Quadratmeter und sogar einem Tornado ausgesetzt. Im südlichen Brandenburg habe Hagel zu massivem Blattverlust beim Mais und zum Ausschlagen der Körner aus den Getreideähren geführt, teilte der Landesbauernverband Brandenburg am Wochenende mit. „Wir schauen auf die nächsten Tage, die unbedingt besseres Wetter bringen sollten“, sagt Landesbauernpräsident Henrik Wendorff. „Erst sie werden zeigen, ob es zu gravierenden Ernteausfällen kommt.“ Die Einfuhr ist laut Bauernverband vor allem bedroht, wenn es in den kommenden Tagen durchgehend feucht und ohne Sonne bleiben sollte. Auf den Kornfeldern in Berlins Umland wachsen unter anderem Weizen, Gerste, Roggen, Raps und Mais.

Im Mai und Juni war es fürs Korn zu trocken

Sollten größere Unwetter ausbleiben, könnten Brandenburgs Bauern im konventionellen Landbau in diesem Jahr voraussichtlich rund 2,5 Millionen Tonnen Getreide ernten, sagte Wendorff. Das sind rund 10,5 Prozent weniger als im Vorjahr und 6,4 Prozent weniger als das Durchschnittsniveau der vergangenen fünf Jahre. Der Landesbauernverband führt den Rückgang der erwarteten Erträge allerdings vor allem auf eine insgesamt kleinere Anbaufläche zurück. Der Anbau von Erbsen und Lupinen – einer Bohnenart – sowie Kartoffeln im Land habe dagegen seit dem vergangenen Jahr zugenommen. Zudem habe es in den hauptsächlich für den Ertrag verantwortlichen Monaten Mai und Juni in Brandenburg zum Teil zu wenig geregnet – was unter anderem zu verstärktem Insektenbefall geführt habe.

Die Getreidepreise dürften steigen

Einen Anstieg sagt Brandenburgs Bauernverband auch bei den Getreidepreisen voraus. In den zurückliegenden Wochen habe sich abzeichnet, dass gerade die Preise für Roggen und Gerste etwas höher lägen als die der anderen Kulturen. „Dennoch müssen wir konstatieren, dass die Steigerungen für uns noch nicht ausreichen, um auskömmlich zu leben – selbst wenn Betriebsmittel wie Mineraldünger und Diesel zuletzt günstig waren“, sagte Verbandspräsident Wendorff. „Allerdings bestimmt der Weltmarkt die Preise und dort stehen gute Ernteaussichten in allen bedeutenden Getreideanbauregionen steigenden Preisen entgegen.“

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