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Nach Jahren der Stagnation blickt das Berliner Kfz-Gewerbe wieder optimistisch in die Zukunft.

© imago/Westend61

Frühjahrs-Konjunkturbericht: Berliner Handwerksbetriebe finden nicht genügend Mitarbeiter

Viele Aufträge, aber wenig Nachwuchs: Die Berliner Handwerksbetriebe wollen Personal einstellen. Doch sie finden schon jetzt nicht mehr genügend Mitarbeiter.

Volle Auftragsbücher und gute Geschäftserwartungen: Dem Berliner Handwerk geht es prächtig. „Die aktuelle Geschäftslage hat sich gegenüber dem Vorjahr nochmals verbessert“, sagte der Präsident der Berliner Handwerkskammer, Stephan Schwarz, am Mittwoch bei der Vorstellung des diesjährigen Frühjahrs-Konjunkturberichts. „Mehr als 80 Prozent der Betriebe sind mit ihren Ergebnissen zumindest zufrieden.“ Zwei Mal im Jahr will die Handwerkskammer von ihren rund 3850 Mitgliedsunternehmen wissen, wie sie ihre aktuelle Geschäftslage einstufen und welche Erwartungen sie für die kommenden sechs Monate haben. Diesmal reichten 855 Betriebe ihre Antworten ein – aus ihnen hat Schwarz’ Haus den aktuellen Geschäftsklimaindex der Berliner Handwerksbetriebe errechnet. Der erreicht aktuell einen Wert von 110 und liegt damit nur drei Punkte unter dem Spitzenwert aus dem Jahr 2011.

„Berlins Handwerker haben gerade richtig gut zu tun“, sagte Kammerpräsident Schwarz. Derzeit seien die Betriebe in der Stadt zu 80 Prozent ausgelastet. „Einen besseren Frühjahrswert hatten wir in den vergangenen Jahren nur im Frühjahr 2012“, freute sich Schwarz. Sorgen bereiten allerdings die gesunkenen Umsatzzahlen sowie der leicht rückläufige handwerkliche Beschäftigungsmarkt. Allerdings gehen die meisten der befragten Unternehmen davon aus, dass sie in den kommenden sechs Monaten zusätzliches Personal einstellen werden: Fast jeder fünfte Betrieb hält Neueinstellungen für wahrscheinlich. „Das macht uns besonders froh“, sagte Hauptgeschäftsführer Jürgen Wittke.

Die Zuversicht ist "erstaunlich"

Im Gegensatz zu vorangegangenen Umfragen zieht sich der Optimismus der Unternehmen in diesem Frühjahr durch sämtliche Gewerke vom Bauhauptgewerbe über die Friseurbetriebe bis zu Nahrungsmittelfirmen und Kfz-Werkstätten. Obwohl das Berliner Handwerk schon seit einiger Zeit im Aufwind ist, bezeichnet selbst Handwerkskammerpräsident Schwarz die branchenübergreifende Zuversicht als „erstaunlich“. Besonders das Kfz-Handwerk befände sich nach Jahren der Stagnation wieder auf dem Weg der Besserung: Der Anteil der Betriebe, die ihre Situation mit „gut“ einschätzten, stieg im Vergleich zur vorangegangenen Mitgliederbefragung um zwölf Punkte. Besonders die Werkstätten hatten infolge der „Abwrackprämie“ nach 2008/2009 mit Umsatzeinbußen zu kämpfen.

Geradezu zu frohlocken scheinen auch die Berliner Fleischer, Bäcker und Konditoren: Sie zeigten sich mit den erreichten Umsätzen in den ersten Monaten des Jahres mehr als zufrieden und ließen den brancheninternen Geschäftsklimaindex auf den Rekordwert von 126 Punkten steigen. „Offenbar ist es den Betrieben gelungen, die handwerkliche Produktion deutlich von industriell gefertigten Waren abzugrenzen“, erklärte Schwarz. „Und die Verbraucher sind derzeit eher bereit, etwas mehr für gute Qualität auszugeben.“ Nicht ganz so gut sieht es dagegen im Gesundheitsgewerbe aus: In diesem Bereich verlor der Geschäftsklimaindex im Vergleich zum Vorjahr 14 Punkte und fiel auf 97 Punkte.

Viele Stellen bleiben unbesetzt

Neben den insgesamt guten konjunkturellen Aussichten hat Kammerpräsident Stephan Schwarz allerdings auch einigen Grund zur Sorge. In den Berliner Handwerksbetrieben gibt es schon jetzt viel zu wenig geeigneten Nachwuchs – und das nicht nur bei den Auszubildenden, sondern auch bei der Unternehmensnachfolge. „Das Handwerk entwickelt sich leider nicht zur Jobmaschine“, sagte Schwarz dazu. „Das liegt nicht an den Unternehmen, sondern daran, dass derzeit viele Stellen schlicht nicht besetzt werden können.“

Wie groß die Not ist, zeigt zum Beispiel ein Blick in die im Internet verfügbare Ausbildungsbörse: Derzeit gibt es in der Stadt rund 850 freie Ausbildungsplätze; so viele wie noch nie. Gesucht werden unter anderem Sanitär-, Gas- und Wasserinstallateure, Gebäudereiniger und Friseure. „Wir müssen hier dringend neue Wege der Rekrutierung gehen“, sagte Schwarz. Als Beispiele nannte der Kammerpräsident verstärkte Imagekampagnen und die Integration von Flüchtlingen in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt.

Aber nicht nur am unteren Ende hakt es. In den kommenden Jahren könnte dem Handwerk auch an höchster Stelle der Nachwuchs ausgehen – wenn zahlreiche Firmenchefs in den Ruhestand gehen. Auch das hat die Handwerkskammer in ihrer Umfrage erhoben: In den nächsten fünf Jahren wollen rund ein Viertel aller Betriebsinhaber ihre Firma übergeben. Viele konnten noch keinen Nachfolger finden.

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