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Konservativ. Aus Sorge vor der Euro-Krise bleibt der Wirtschaftsminister vorsichtig. Foto: dpa

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Frühjahrsprognose: Rösler traut dem Wachstum nicht

Die Regierung erwartet ein Wachstum von 0,7 Prozent – andere sind deutlich optimistischer.

Berlin - Philipp Rösler wirkt am Mittwoch ein wenig so, als traue er sich selbst nicht über den Weg. „Deutschland geht es gut“, sagt der Bundeswirtschaftsminister. Aber wird das auch in einem Jahr noch so sein? „Auch wenn die deutsche Wirtschaft hervorragend aufgestellt ist, so sind wir mit unserer Projektion bewusst auf der vorsichtigen Seite geblieben“, sagte der FDP-Politiker in Berlin.

Nachdem die deutsche Wirtschaft Ende 2011 geschrumpft war, erwartet die Bundesregierung nun in ihrer Frühjahrsprognose für 2012 ein moderates Wachstum von 0,7 Prozent. 2013 soll es wieder bei 1,6 Prozent liegen. Die Prognose ist die Basis für die Aufstellung aller öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen. „Die deutsche Wirtschaft kommt wieder in Schwung“, übt sich Rösler in Optimismus. Und bremst sich gleich selbst: Zu groß dürfe die Zuversicht angesichts der Risiken nicht werden. Neben den Problemen in der Euro-Zone könnten auch steigende Preise den Aufschwung gefährden.

Der Minister ahnt, dass sich die Euro-Krise jederzeit wieder verschärfen kann. Aus Großbritannien sind am Morgen alarmierende Meldungen gekommen: Die britische Wirtschaft kann ihre Krise nicht abschütteln und ist wieder in die Rezession gerutscht. Damit wächst der Druck auf die konservativ-liberale Regierung von David Cameron, die trotzdem ihren harten Sparkurs samt Steuererleichterungen fortsetzen will. Zwischen Januar und März sank das Bruttoinlandsprodukt überraschend um 0,2 Prozent zum Vorquartal, wie das nationale Statistikamt mitteilte. Experten hatten hingegen mit einem leichten Plus gerechnet. Bereits Ende 2011 war die Wirtschaftskraft um 0,3 Prozent geschrumpft.

Während die britische Wirtschaft unter der Dominanz der angeschlagenen Finanzbranche leidet, profitiert Deutschland von seiner realwirtschaftlichen Basis. Der Bauwirtschaft zum Beispiel hilft, dass immer noch mehr Wohnungen gebaut werden und die Wirtschaft in neue Gebäude investiert. Am Mittwoch korrigierte die Branche ihre Umsatzprognose nach oben. Wie der Zentralverband Deutsches Baugewerbe mitteilte, werde für dieses Jahr mit einem Umsatz von 95,7 Milliarden Euro und damit einem Plus von 3,8 Prozent gerechnet. Im Januar hatten die Erwartungen noch bei einem Plus von 1,6 Prozent gelegen. Dank der positiven Umsatzentwicklung steige auch die Zahl der Arbeitsplätze um 2,2 Prozent. Im Jahresschnitt wären damit rund 750 000 Menschen im Bau beschäftigt.

Doch es ist nicht nur die starke Nachfrage nach Investitionsgütern, sondern auch der private Konsum, der die deutsche Wirtschaft 2012 stützen wird. „Die Inlandsnachfrage wird die Wirtschaft anschieben“, sagte der Konjunkturexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Simon Junker, am Mittwoch. Die Konjunktur werde im laufenden Quartal um 0,4 Prozent anziehen, nach voraussichtlich plus 0,1 Prozent zu Jahresbeginn. „Die anhaltend gute Lage auf dem Arbeitsmarkt und die wohl kräftig anziehenden Löhne sprechen dafür, dass der private Verbrauch ab dem Frühjahr spürbar zulegen wird.“ Dank günstiger Finanzierungsbedingungen dürften die Unternehmen ihre Investitionen ausweiten. Die Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe habe sich aufgehellt und die meisten Bilanzen für das erste Quartal hätten die Erwartungen übertroffen.

Das zeigt auch Wirkung auf dem Arbeitsmarkt: Nach Einschätzung von Experten ist die Zahl der Arbeitslosen im April wieder unter die Marke von drei Millionen gesunken. Grund hierfür sei die Frühjahrsbelebung mit Neueinstellungen vor allem in den Außenberufen wie dem Baugewerbe und der Landwirtschaft, sagten Volkswirte. Sie rechnen mit einem Rückgang der Arbeitslosenzahl im Vergleich zum Vormonat zwischen 80 000 und 130 000. Die April-Daten gibt die Arbeitsagentur am 2. Mai bekannt. mit dapd, rtr

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