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Wirtschaft: Frühling auf dem Arbeitsmarkt

Die Zahl der Arbeitslosen ist im April um fast 190 000 gesunken / Die Regierung sieht sich bestätigt

Berlin - Der Frühling hat jetzt auch auf dem Arbeitsmarkt Einzug gehalten. Nach dem Ende des langen Winters ging die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland im April um 187 000 auf 4,79 Millionen zurück. Das sind 262 000 weniger als vor einem Jahr, die Arbeitslosenquote sank von 12,2 Prozent im April 2005 auf 11,5 Prozent, teilte die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag in Nürnberg mit. Bereinigt um Witterungseinflüsse ging die Zahl der Arbeitslosen bundesweit um 40 000 auf 4,69 Millionen zurück. In Berlin lag die Arbeitslosenquote bei 18,2 Prozent – und mit minus 1,5 Prozentpunkte damit besonders deutlich unter dem Vorjahreswert.

Der Vorstandsvorsitzende der BA, Frank-Jürgen Weise, warnte jedoch davor, die Zahlen zu überschätzen. Wegen des kalten Vormonats habe die übliche Frühjahrsbelebung auf dem Arbeitsmarkt später eingesetzt, gab der BA-Chef zu bedenken. „Trotz positiver Signale am Arbeitsmarkt zeichnet sich ein Beschäftigungsaufbau noch nicht ab“, sagte Weise. Sorge bereitet dem Vorstandschef der BA vor allem das Auseinanderdriften der Arbeitsmärkte für Kurz- und Langzeitarbeitslose. „Die Zahl der Empfänger von Arbeitslosengeld I mit Arbeitslosenzeiten von unter einem Jahr sank im April deutlich“, berichtete Weise. Einer der Gründe: das wachsende Stellenangebot. Im April hatte es 546 000 offene Stellen gegeben, 113 000 mehr als vor einem Jahr. „Dagegen stagniert die Zahl der Arbeitslosengeld-II-Empfänger auf hohem Niveau“, kritisierte Weise.

Anders als die BA wertete die Regierung die Entspannung auf dem Arbeitsmarkt als Bestätigung für ihre Reformpolitik. „Das sind gute Zahlen“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im sibirischen Tomsk. Trotz der „guten Botschaft“ seien aber weitere Reformen nötig. Auch Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) sprach von positiven Signalen. Die Arbeitslosigkeit sei über das im Frühjahr hinaus übliche Maß zurückgegangen, sagte Müntefering. Der Minister kündigte eine Fortsetzung der Reformpolitik an. Insbesondere bei der Arbeitsmarktförderung für unter 25-Jährige, bei älteren Arbeitnehmern und den unteren Lohngruppen würden „konkrete Akzente“ gesetzt. Nach Angaben eines Ministeriumssprechers soll das Programm „50plus“, das die Beschäftigungs- chancen Älterer verbessern soll, noch vor der Sommerpause vorgestellt werden.

Trotz der deutlich gesunkenen Arbeitslosenquoten kann in Berlin und Brandenburg von einer Trendwende auf dem Arbeitsmarkt keine Rede sein. „Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze ist weiter gesunken“, sagte Klaus-Dieter Teufel, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg, dem Tagesspiegel. Im Jahresvergleich sind in der Region Berlin-Brandenburg 30 000 sozialversicherungspflichtige Jobs verschwunden, berichtete Olaf Möller, Sprecher der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der BA. In Berlin gibt es heute 18 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze weniger als vor einem Jahr. Dass die Zahl der Arbeitslosen in der Statistik dennoch gesunken ist, liegt nach Angaben der BA vor allem an den Existenzgründungen durch Ich-AGler und Empfängern von Überbrückungsgeld, den Mini-Jobbern und Saisonarbeitern. In der Region Berlin-Brandenburg erhalten derzeit 35 000 Betreiber von Ich-AGs Hilfe von den Arbeitsagenturen, weitere 10 000 Menschen beziehen Überbrückungsgeld. Viele Berliner und Brandenburger können von ihren Löhnen und Gehältern nicht leben, kritisierte der Deutsche Gewerkschaftsbund Berlin-Brandenburg (DGB). „110 000 Leute bekommen derzeit einen staatlichen Zuschuss zu ihrem Lohn“, sagte DGB-Sprecher Dieter Pienkny dem Tagesspiegel.

Wegen der sinkenden Arbeitslosenzahlen und strengeren Kontrollen unter den Leistungsempfängern wird die BA in diesem Jahr wahrscheinlich einen Überschuss von etwas mehr als 1,8 Milliarden Euro erzielen, kündigte BA-Finanzvorstand Raimund Becker an. Damit zeichne sich ab, dass die BA etwas mehr als 0,75 Prozentpunkte zur geplanten Senkung des Arbeitslosenbeitrags beitragen könne. mit dpa

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