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Wirtschaft: FÜHRUNGSWECHSEL BEI DER DEUTSCHEN BANK Missglückter Abgang von Josef Ackermann, schwieriger Start für Anshu Jain 2011 . . . Das war

Ein Inder als Chef der Deutschen Bank? Am Steuer der zweitgrößten Fluggesellschaft ein bald Siebzigjähriger? Warum nicht. Es gab reichlich Überraschungen. Aus steinreichen Atomkonzernen wurden Krisenunternehmen, und an die Spitze von EZB und IWF kamen neue Leute, um den Euro zu retten.

Er ist auch in der Finanzkrise der Buhmann. Aber wenn entschiedene Kritiker auf ihn zugehen, wie jene Occupy-Aktivisten Ende November in Hamburg, und Josef Ackermann ihnen das Gespräch anbietet, dann kneifen sie oft. Der Chef der Deutschen Bank hat ohne Zweifel Fehler gemacht, sein Auftreten, seine Äußerungen waren nicht immer glücklich in den fast zehn Jahren, die er seit Mai 2002 an der Spitze der Frankfurter Großbank steht. Aber der Schweizer wird deshalb allzu oft gebrandmarkt und schnell in eine Ecke geschoben. Selbst seinen vorzeitigen Rückzug und den Verzicht auf den Chefsessel im Aufsichtsrat kreiden ihm manche an. Egal, was er macht, es ist immer falsch.

Dabei ist es menschlich allzu verständlich, dass sich auch Ackermann, der fast jeden Tag in einem Flugzeug sitzt und rastlos durch die Finanzwelt düst, nach ruhigeren Zeiten sehnt. Zumal nach dem jüngsten versuchten Briefbombenanschlag, über den sein Vorvorgänger Hilmar Kopper gerade in einem „Spiegel“–Interview sagte: „Man sollte derlei nicht zu wichtig nehmen, zumal die Drahtzieher offenbar bereit sind, immer die ,Falschen’ zu opfern: Sekretärinnen, Boten, Postler.“ Doch zurück zu Ackermann.

Der 63-Jährige hatte sich ganz zweifellos einen besseren Abschied gewünscht, als er ihn nun bekommen wird. Zwar ist die Deutsche Bank ohne direkte Staatshilfe durch die vergangenen Krisenjahre gekommen. Aber von seinem Zehn-Milliarden-Euro-Gewinnziel für 2011 musste sich Ackermann ebenso verabschieden wie von seiner – überzogenen und äußerst umstrittenen – Vorstellung, eine Rendite von 25 Prozent zu erreichen. Und der Aktienkurs der Deutschen Bank ist in seiner Ära abgestürzt – von 75 Euro zu Amtsantritt über zwischenzeitlich mehr als 100 auf heute nicht einmal mehr 30 Euro. Was für eine gigantische Kapitalvernichtung – jedenfalls gemessen am Börsenwert. Eine Erfolgsbilanz sieht anders aus.

Seine Nachfolger Anshu Jain und Jürgen Fitschen, die bis zu Ackermanns Abschied im Mai nach und nach das Ruder übernehmen werden, haben viel Arbeit vor sich. Vor allem der hochgelobte Inder muss zeigen, dass er nicht nur als Investmentbanker brillieren kann, sondern auch in Deutschland als Chef der größten Bank des größten und wirtschaftlich wichtigsten Landes in Europa. Dem 48-Jährigen fehlt das Netzwerk in Politik und Wirtschaft, das Ackermann vor allem auch in Berlin geknüpft hat. Und ein paar Worte Deutsch würden Jain auch nicht schlecht anstehen. Vielleicht hat der hierzulande nur Experten bekannte Banker in London schon die eine oder andere Deutschstunde belegt.

Kochef Jürgen Fitschen, äußerst eloquent und durchaus gut vernetzt hierzulande, da er das Deutschlandgeschäft der Bank leitete, kann ihm voraussichtlich nur begrenzt helfen. Mit 63 Jahren wird der Hamburger nur für eine Übergangszeit mit an der Spitze der Deutschen Bank stehen. ro

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