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Wirtschaft: Für die öffentlich-rechtlichen Geldinstitute wird es eng

Die Stimmung ist gereizt. Seit geraumer Zeit sind die deutschen Großbanken auf die öffentlich-rechtliche Konkurrenz nicht gut zu sprechen.

Die Stimmung ist gereizt. Seit geraumer Zeit sind die deutschen Großbanken auf die öffentlich-rechtliche Konkurrenz nicht gut zu sprechen. Der Vorwurf: Sparkassen und Landesbanken profitieren durch die Rückendeckung von Vater Staat in Form unerwünschter Wettbewerbsvorteile. Das ist zwar nicht neu. Doch seitdem auch in der deutschen Kreditwirtschaft exzessiv um Marktanteile gefeilscht wird, geraten die Öffentlich-Rechtlichen immer stärker ins Kreuzfeuer der Kritik. Dabei rückt der ordnungspolitische Aspekt der Kontroverse zunehmend in den Hintergrund. Es geht ums Geschäft. Immerhin: Rund 44 Prozent aller Deutschen sind Kunden von Sparkassen. Und gemessen an den Marktanteilen im Filialgeschäft, das erst von einer bestimmten Größenordnung an rentiert, liegen die Öffentlich-Rechtlichen auch im grünen Bereich.

Vor allem das System der so genannten Anstaltslast und der Gewährträgerhaftung - und die damit verbundenen kostenlosen Refinanzierungs- und Ratingvorteile von Sparkassen und Landesbanken sind den Privaten ein Dorn im Auge. Dieses System fusst auf dem ursprünglichen Förderauftrag der Sparkassen, aus dem sich der öffentlich-rechtliche Status herleiten lässt. Als Anteilseigner haftet die öffentliche Hand nämlich als Gewährträger für den Fall finanzieller Schieflagen. Außerdem muss sie dafür sorgen, dass keine finanziellen Engpässe entstehen und ausreichend Eigenkapital vorhanden ist.

Vom Förderauftrag aus alten Tagen wollen viele heutzutage aber nichts mehr wissen. Die Modernisierer fordern, dass sich der Staat aus möglichst allen wirtschaftlichen Tätigkeiten heraushalten soll. Weder als Unternehmer noch als Banken-Eigner solle er in Erscheinung treten. Wernhard Möschel, Vorsitzender der Monopolkommission, hält den Status der öffentlich-rechtlichen Geldhäuser beispielsweise für unverantwortlich. Der öffentlichen Auftrag, so Möschel, sei ein Relikt aus dem vorigen Jahrhundert. So weit zurück muss man nicht gehen: Die Gründungsväter der EG waren nämlich noch darin übereingekommen, die Frage der Eigentumsordnung in nationaler Verantwortung zu belassen. Und das betraf auch den öffentlich-rechtlichen Bankensektor - samt Sparkassen, einem Pfeiler regionaler Strukturpolitik in Deutschland. Heute kommt die Kritik aus den eigenen Reihen: Wiederholt fordern die Vorstände der Aktienbanken, die Privatisierung der staatlichen Finanzinstitute. Deutsche Bank-Chef Rolf-E.Breuer verstieg sich gar zu der Verbal-Injurie Krebsschaden.

Bemerkenswerterweise erregt der Zustand des deutschen Bankenmarktes inzwischen auch in den USA gewisse Aufmerksamkeit. US-Notenbankchef Alan Greenspan sprach angesichts der hohen Staatsbeteiligung an deutschen Banken schlicht von Fehlallokation des Kapitals. Und der Internationale Währungsfonds widmete der vermeintlich ungleichen Konkurrenz zwischen Privaten und Öffentlich-Rechtlichen in Deutschland eine eigene Studie. Fazit: Hoheitliche Aufgaben ließen sich nicht von privatwirtschaftlichen Aktivitäten trennen. Der regionale öffentliche Auftrag dieser Institute sei weder in ihrer Geschäftstätigkeit noch in ihren Bilanzen nachzuweisen.

Unverhoffte Argumentationshilfe für die EU-Kommission. Auch sie hat sich des Themas angenommen. Sieben Jahre nach der einschlägigen Beschwerde des Bundesverbandes der Deutschen Banken handelte Brüssel in diesem Sommer: Wegen der Übertragung von Wohnungsbauvermögen durch das Land Nordrhrein-Westfalen an die Westdeutsche Landesbank (WestLB) verfügte die EU-Kommission die Rückzahlung unzulässiger Beihilfen in Höhe von 1,6 Milliarden Mark. Die Mittel, so die Forderung die Wettbewerbshüter, seien nicht angemessen verzinst worden. Dem Land stünde als Anteilseigner der WestLB im Gegenzug für die milliardenschwere Finanzhilfe die übliche Rendite zu. Die WestLB ist kein Einzelfall. Gegen weitere sechs Landesbanken sind in Brüssel parallele Verfahren im Gange - auch gegen die Norddeutsche Landesbank und die Landesbank Berlin (LBB). Hier wurde 1993 die damalige Wohnungbau Kreditanstalt (WBK) in die Investitionsbank Berlin (IBB) eingebracht, die Teil der Landesbank Berlin ist und mithin auch zur Bankgesellschaft gehört. Freilich soll der Berliner Fall etwas anders liegen: Als rechtlich selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts, also als eigenständiges Kreditinstitut, stellt die IBB der LBB nur einen Teil ihrer Mittel zur Verfügung - aber nicht zum Nulltarif, sondern gegen diverse verwaltungstechnische Leistungen. Man wird sehen, ob die Fachleute das für angemessen halten.

Derweil spitzt sich die Sache zu. Die Europäische Bankenvereinigung hat unlängst angekündigt, eine Beihilfebeschwerde gegen die Anstaltslast und die Gewährträgerhaftung in Brüssel einzureichen. Eine Beschwerde, die die Kommission erst dazu zwingen könnte, ein Prüfverfahren einzuleiten. Dabei liegt es den EU-Wettbewerbshütern nach eigenem Bekunden fern, das so genannte Drei-Säulen-System der deutschen Kreditwirtschaft radikal in Frage zu stellen. Private, Öffentliche-Rechtliche und die Genossenschaftsbanken soll es in Deutschland weiter geben. Auch die Privatisierung von Sparkassen und Landesbanken will die Kommission nicht betreiben.

Allerdings bleibt es Aufgabe der EU-Wettbewerbsbehörde, für gleiche Bedingungen im grenzüberschreitenden Handel zu sorgen. Im Klartext: Nicht die Sparkassen, die durch das Regionalprinzip im Aktionsradius begrenzt sind, stehen am Pranger, wohl aber die übergeordneten Landesbanken. Denn in der Tat stellt sich die Frage, inwieweit haftungsbedingte Ratingvorteile der international aktiven Landesbanken als indirekte und womöglich unzulässige Beihilfe angesehen werden können. Tatsächlich kann und will die EU-Kommission eine unbegrenzte und unbefristete Staatsgarantie, die unvereinbar mit dem Wettbewerbsrecht ist, nicht tolerieren. Ein Leitfaden soll Klarheit bringen. Wie Beihilfen will die Kommission in Zukunft auch alle Staats-Garantien überprüfen.

Martina Ohm

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