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Wirtschaft: Für die Parteien zahlt der Staat gleich mehrfach

Kritiker: „Staat zahlt Subventionen für Subventionen“

Berlin. Wenn die Tierschutzpartei für die Rechte der Zirkuspferde kämpft, wenn der Südschleswigsche Wählerverband sich für eine bürgernahe Gesellschaft nach skandinavischem Vorbild stark macht oder die Nationaldemokratische Partei Deutschlands fordert: „Deutschland muss wieder deutsch werden“, dann dürfen sich die Parteien der Unterstützung des Staates sicher sein.

Der Staat subventioniert die Parteien – unabhängig davon, ob ihm deren Ausrichtung passt oder nicht. Er will damit sicherstellen, dass sie die ihnen vom Grundgesetz auferlegten Pflichten erfüllen können, also zum Beispiel an der politischen Willensbildung mitwirken. Um das Geld zu bekommen, müssen die Parteien aber Erfolg haben. Und als erfolgreich gelten sie, wenn sie nach dem Wahlergebnis der jeweils letzten Europa und Bundestagswahl mindestens 0,5 Prozent oder bei einer Landtagswahlen ein Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen erreicht haben. Für jede Stimme gibt es Geld aus dem Steuertopf.

Daneben haben die Parteien auch noch Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden, die nicht nur der Geber steuerlich absetzen kann, sondern für die zusätzlich auch noch der Staat (abhängig von der Höhe der Zuwendung) den Parteien Zuschüsse gibt.

Die Erfolgskriterien, die der Staat ihnen abverlangt, haben im vergangenen Jahr 17 Parteien erfüllt. Größter Profiteur der Subventionen war die SPD, die mit 49,3 Millionen Euro am meisten Geld einstrich, gefolgt von der CDU (43,6 Millionen Euro) bis zu einer Partei mit dem schlichten Namen „Familie“, die mit 11 607 Euro am wenigsten kassierte. Insgesamt flossen rund 132,7 Millionen Euro aus dem Staatssäckel an die Parteien.

Schärfster Kritiker der Parteienfinanzierung ist der Verwaltungsrechtler Hans Herbert von Arnim. Er nennt das deutsche System ein „parteiübergreifendes Kartell zur Selbstbedienung“. Und verweist in zahlreichen Publikationen darauf, dass sich Parteien neben den direkten Subventionen noch ganz andere Quellen für ihre Finanzierung aus öffentlichen Mitteln erschlossen haben, die ein Vielfaches der direkten Subventionen ausmachen und nach außen nur schwer zu durchschauen sind: Zahlungen an parteinahe Stiftungen, denen jährlich rund 250 Millionen Euro zufließen, an Fraktionen, Abgeordnete und Mitarbeiter.

Der Parteienforscher Karl-Heinz Nassmacher hat zwar nichts gegen die Parteiensubventionen an sich. „Die sind wenigstens eine sichere und für den Staatsbürger risikoarme Geldquelle“, sagt der Oldenburger Politologe. Allerdings hält er es für Unsinn, die Zuwendungen der Mandatsträger an ihre Parteien nicht nur steuerfrei zu stellen, sondern auch noch zur Auszahlungsgrundlage weiterer Subventionen zu machen. Denn: Von jedem Euro, den Parteien als Zuwendung erhalten, bekommen sie 38 Cent extra vom Staat. „Das Geld für die Mandatsträger kommt ohnehin aus öffentlichen Kassen“, sagt Nassmacher, „Der Staat zahlt also Subventionen für Subventionen – das ist nicht akzeptabel.“ pet

Subventionsland Deutschland – in dieser Serie berichtet der Tagesspiegel über die milliardenschweren Wohltaten des Staates für Bürger und Wirtschaft. In der nächsten – und abschließenden – Folge am Sonntag: erneuerbare Energien.

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