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Wirtschaft: Für Griechenland sollen alle zahlen

Längere Laufzeiten und Einbußen für Privatanleger

Athen - Die Pläne zu einer Reduzierung der erdrückenden griechischen Staatsschulden werden konkreter. In die Überlegungen sind neben der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) auch die Finanzminister mehrerer Euroländer eng eingebunden. Das berichtet die griechische Sonntagszeitung „To Vima“ unter Berufung auf einen hochrangigen Banker, der mit dem Stand der Überlegungen vertraut sei. Danach soll Griechenland in einem ersten Schritt mit zinsgünstigen Krediten des Euro-Rettungsfonds (ESFS) eigene Staatsanleihen zurückkaufen, die jetzt bei der Europäischen Zentralbank liegen. Die EZB hatte in den vergangenen Monaten griechische Bonds im Nennwert von rund 60 Milliarden Euro zu Kursen von durchschnittlich 78 Prozent des Nennwerts am Markt aufgekauft, um die Anleihen zu stützen. Mit einem Rückkauf der Anleihen von der EZB zu einem ebenfalls geringen Kurswert würde Griechenland seine Verschuldung um 13 Milliarden Euro reduzieren. Für die EZB wäre das Geschäft nicht mit Verlusten verbunden.

In einem zweiten Schritt soll Griechenland privaten Anlegern anbieten, Anleihen zu 75 Prozent des Nennwerts zurückzukaufen, was einem freiwilligen Forderungsverzicht von 25 Prozent entsprechen würde. Finanzkreise schätzen, dass Griechenland damit Papiere im Nennwert von rund 30 Milliarden Euro zurückkaufen und seine Schulden um weitere 7,5 Milliarden senken könnte.

Als Drittes wird Griechenland nach dem von „To Vima“ publizierten Plan institutionelle und private Anleger, die rund 100 Milliarden in griechischen Schuldpapieren halten, darum bitten, einer Verlängerung der Laufzeiten der Papiere zuzustimmen. Die Fälligkeiten sollen um 15 bis 20 Jahre aufgeschoben werden. Gleichzeitig soll die Laufzeit der 110-Milliarden-Hilfskredite, die der IWF und die Eurostaaten Griechenland im Mai 2010 zusagten, von derzeit fünf auf 30 Jahre verlängert werden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei über die Diskussion informiert und stimme dem Rettungsplan im Grundsatz zu, schreibt „To Vima“. Die Kanzlerin wolle sich aber vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg Ende März öffentlich nicht auf neue Griechenlandhilfen festlegen. Dagegen spricht sich der neue Wirtschaftsweise Lars Feld ausdrücklich für eine Verlängerung der Laufzeiten für Staatsanleihen aus. „Am besten wäre es, den Griechen mehr Zeit zu geben, ihre Schulden zurückzuzahlen“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „Das geht, indem man die Fristen ihrer Staatsanleihen verlängert, also das Datum ihrer Fälligkeit nach hinten verschiebt“, fügte er hinzu. Die Gläubiger würden damit nicht zu viel Geld verlieren, und Griechenland bekäme Luft.  

Glaubt man „To Vima“, soll der Schuldenplan bis Ende des Jahres umgesetzt werden. Damit könnte Griechenland etwa zwei Drittel seiner Staatsschulden umstrukturieren. Griechenlands Verschuldung wird nach Berechnungen des Athener Finanzministeriums von 330,4 Milliarden Euro Ende 2010 in diesem Jahr auf 348,5 Milliarden steigen. Das entspricht knapp 153 Prozent des erwarteten Bruttoinlandsprodukts als der gesamten Wirtschaftsleistung dieses Jahres. Gerd Höhler

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